Es jettet, schwebt und pirouettet

von Redaktion

Der Nachwuchs brilliert bei der Heinz-Bosl-Ballettmatinee

Kreatürliches Unterbewusstsein erahnt man „Im Wald“ von Xin Peng Wang. © M.-L. Briane

Kurze Quizfrage: Tanz, von der Klassik bis zur Moderne, wann kriegt man das in einer Vorstellung? Ganz klar: in der Heinz-Bosl-Ballettmatinee. Applaus-Jubel im Münchner Nationaltheater bei der diesjährigen Bosl-Herbstausgabe mit Bewährtem und Premieren.

Fulminanter Auftakt: Die Ballettakademie tanzt den „Grand pas d’Hongrois“ aus Petipas „Raimonda“ (1898). Ray Barra hatte das Werk 2001 fürs Bayerische Staatsballett neu inszeniert. Und zu Glasunow jettet, schwebt und pirouettet hier technisch brillant die studentische Truppe, unterstützt vom Volta Ensemble unter Mark Pogolski. Der noch jüngere Nachwuchs präsentiert fußflink die ungarischen Tänze aus dem letzten Akt, der Heirat von Raymonda und Jean de Brienne.

Hoch spannend dann „Im Wald“ von Xin Peng Wang, seit 2019 im Repertoire des Bayerischen Junior-Balletts (BJB). Denn hier wird das Stück zu östlich mystischen Klängen von Camille Pépin zunächst, wie im Original, von sieben Tänzern präsentiert. Unmittelbar danach von sieben Tänzerinnen. Durch dieses doppelte Schauen erahnt man etwas von Wangs Hinweis auf unser „kreatürliches Unterbewusstsein“. Zugleich erfährt man, quasi wie unter einem Brennglas, etwas über die doch unterschiedliche weibliche Bewegungsqualität. Die Tänzerinnen werfen sich ganz selbstverständlich in die auch mal extrem explodierenden Bewegungen. Und doch entdeckt man da, fast wie einen Unterton, eine Weichheit, auch eine Verletzlichkeit.

Zu den Kreationen: Der erst 19-jährige Simon Adamson de Luca, BJB-Mitglied, entwarf „Return to Innocence“ zu Liedern der portugiesischen Truppe Madredeus. Es geht wohl um den Verlust eines geliebten Menschen, um die Trauer einer Gesellschaft, die in vehementer Bewegung die Bühne bevölkert. Da bleibt der Betrachter noch ein wenig ratlos. Norbert Graf, mit langer Karriere als Staatsballett-Solist – und dort immer noch Ballettmeister – entwarf „Stück im alten Stil“ zu Daniel Ployers eigens komponierter, variierter Geräusche- und Klangwelt. Graf hat hier Eindrücke aus seinem reichen Tänzerleben verarbeitet. Viele Deutungen sind möglich. Wir erlebten diese Arbeit als einen verrätselten Blick in die Vergangenheit und zugleich in die Zukunft des Balletts. Aber: einfach noch mal ansehen.
MALVE GRADINGER

Wiederholung

am 1. Dezember. Karten unter 089/24 44 34 70

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