VIRTUOSES OHNE SHOW

Die isländische Band Kaleo macht Station im Münchner Zenith

von Redaktion

Im Jahr 2018 hätten Kaleo beinahe einen Grammy gewonnen. Die Isländer waren in der Kategorie „Best Rock Performance“ nominiert, für den Song „No Good“ vom 2016 erschienenen Album „A/B“. Aber eben nur beinahe, der Preis ging postum an Leonard Cohen. Gegen einen Großmeister das Nachsehen zu haben, kann man verschmerzen. Vor allem, wenn man live so brilliert wie JJ Julius Son (Gesang, Gitarre), Rubin Pollock (Leadgitarre), Daniel Kristjansson (Bass) und David Antonsson (Schlagzeug). Wer die großen Showeffekte sucht, ist bei Kaleo an der falschen Adresse. Keine Feuerfontänen, kein Konfetti und auch kein spektakuläres Bühnenbild. Die vier Isländer, die bei Konzerten von Thorleifur Gaukur Davidsson an Mundharmonika und Pedal-SteelGitarre unterstützt werden, konzentrieren sich bei ihrem Auftritt im Zenith auf ihre Musik: Rock mit viel Blues und einem Hauch Folk und Country. Freilich, bei Konzerten geht es immer um Musik, könnte man einwenden. In Zeiten, in denen sich Künstler im Wettbewerb um die größtmögliche Show gegenseitig übertrumpfen, tut es dennoch gut, wenn nichts ablenkt von dem, was auf der Bühne geboten wird. Im Fall von Kaleo darf man das über weite Strecken als virtuos bezeichnen.

Gerade einmal zwölf Lieder spielen die fünf Herren am Dienstagabend auf ihrer „Payback“-Tour. Sie zelebrieren jedes einzelne davon, spielen keines einfach nur herunter, auch nicht den Nummer-1-Hit „Way down we go“. Erstaunlicherweise spielt ihnen das halbvolle Zenith, in Sachen Sound meist schwierig auszusteuern, dabei in die Karten. Riffs und Soli erklingen klar, mal sanft säuselnd, mal rauh und hart. Ähnlich macht es JJ Julius Son mit seiner Stimme. Anklagend, melancholisch, wütend, besänftigend, treffend von den tiefsten bis zu den höchsten Tönen lässt er sie die ganze Palette an Emotionen durchlaufen. Drums und Bass nehmen sich dabei immer wieder zurück, und doch kommen alle fünf Musiker auf der Bühne zu ihren Momenten.
KATHRIN BRACK

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