Als Principal Dancer des Royal Ballet in London wurde Regisseur und Choreograf Adam Cooper bekannt. © Markus Tordik
Komplett gegen den Strich gebürstet wird in dieser Neuproduktion kaum etwas: Einer der größten Kassenschlager des Duos Gilbert & Sullivan kommt an Münchens Volksoper heraus. © ANNA SCHNAUSS
Die Operetten des Duos Gilbert & Sullivan sind für viele der Inbegriff des britischen Humors. Und je tiefer man in den absurden Kosmos des Duos eintaucht, umso klarer wird, wo anarchische Comedy-Legenden wie die Monty-Python-Truppe, Rowan Atkinson oder Ricky Gervais ihre Wurzeln haben. Mit den „Piraten von Penzance“ hat an diesem Freitag im Gärtnerplatztheater einer der größten Kassenschlager von Gilbert & Sullivan Premiere.
Satire auf Monarchie, Justiz und Militär
Für das authentisch britische Feeling soll Regisseur und Choreograf Adam Cooper sorgen, der hier zu seinen Wurzeln zurückkehrt. International bekannt wurde das Multitalent vor allem als Principal Dancer des Royal Ballet in London. Nicht zu vergessen seine Hauptrolle in Matthew Bournes Neudeutung von „Schwanensee“, die er auch in der Finalszene von „Billy Elliot“ verkörperte. Doch wenn Cooper von seinen ersten Theater-Erfahrungen erzählt, fallen schnell auch die Namen Gilbert und Sullivan. „Ich bin quasi mit ihren Stücken aufgewachsen. Mein Vater war Dirigent einer kleinen Theatertruppe, die viele ihrer Operetten aufgeführt hat. Und da war ich schon als Kind bei einer Inszenierung vom ‚Mikado‘ mit auf der Bühne.“
Die Stücke der Londoner Operetten-Könige sind fest in der britischen Theatertradition verwurzelt. Doch Cooper sieht viele Qualitäten, die sie auch jenseits des Commonwealth relevant machen. „Es ist vor allem großartige Musik! Und die absurden Geschichten sind heute genauso aktuell wie damals. Die Art, wie sie sich über die Gesellschaft lustig machen, das Königshaus, die Justiz oder das Militär aufs Korn nehmen. Das lässt sich ohne Probleme ins Heute übersetzen, das hat eine absolut zeitlose Qualität“.
Komplett gegen den Strich bürsten und ins Jahr 2024 verlegen will Cooper seine Inszenierung dennoch nicht. Er lässt die Geschichte auf den ersten Blick ganz klassisch in ihrer Entstehungszeit. „Aber trotzdem betrachten wir sie aus einem modernen Blickwinkel und brechen mit der Illusion. Die Bühnentechnik bleibt bei uns immer sichtbar. Ab und zu sieht man da auch mal ein Felsen von hinten und merkt, dass alles nur bemalte Pappe ist.“ Die größte Herausforderung liegt für ihn vor allem darin, dass das Gärtnerplatztheater das Stück auf Deutsch spielt. Da muss man natürlich darauf achten, dass die Essenz der Wortspiele erhalten bleibt.
„Als Grundlage verwenden wir dieselbe Übersetzung, die hier schon bei der vergangenen Produktion aus dem Jahr 2009 zum Einsatz kam. Die hat damals offenbar ganz gut gepasst. Aber wir feilen auf den Proben trotzdem noch weiter und schauen genau, was für uns funktioniert und was nicht. Das Gute ist, dass der deutsche und britische Humor gar nicht so verschieden sind. Als ich hier ‚Candide‘ inszeniert habe, hat das Publikum zum Glück viel gelacht. Wer also daran Spaß hatte, bekommt jetzt mehr davon.“
Bernsteins durch alle Genres wildernde Musical-Operette „Candide“ weist mehr als eine Parallele mit den Stücken von Gilbert & Sullivan auf. Auch bei ihnen braucht man komödiantisches Timing und gelenkige Stimmbänder. Ein Umstand, der dazu führt, dass man für ihre Stücke gern auch Musical-Darsteller oder Schauspiel-Prominenz beschäftigt. So etwa in einer ebenfalls verfilmten Broadway-Produktion der „Piraten“, bei der Folk-Pop-Ikone Linda Ronstad an der Seite von Hollywood-Star Kevin Kline spielte. Und so setzt man am Gärtnerplatz ebenso auf eine gesunde Mischung aus Opern- und Musical-Profis. „Das Schöne ist, dass ich mit allen schon einmal gearbeitet habe und wir auf den Proben immer eine gute Zeit hatten. Sie können alle nicht nur großartig singen, sondern auch spielen. Und wir sind auf einem guten Weg, einen gemeinsamen Stil zu finden, der zwar kein Musical ist, aber eben auch nicht Oper. Also genau das, was das Stück braucht.“
Bedenken, dass die zentrale Rolle des Pirate King mit Daniel Gutmann ungewohnt jung besetzt ist, wischt Cooper sofort vom Tisch. „Er war meine erste Wahl, weil ich einen athletischen Pirate King wollte. Ein bisschen wie Kevin Kline am Broadway. Ich habe mit Daniel schon in ‚Tootsie‘ oder ‚Candide‘ gearbeitet, ihn aber auch in Opern-Rollen gesehen. Er ist unglaublich vielseitig und ein toller Kollege. Trotzdem müssen die anderen aufpassen, dass er ihnen nicht die Show stiehlt.“
TOBIAS HELL
Premiere
an diesem Freitag,
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