PREMIERE

Reden wir über den Tod

von Redaktion

„Oskar und die Dame in Rosa“ im Hofspielhaus

Michaela May spielt eine Doppelrolle. © Tobias Melle

Oskar wird sterben. Bald. Aus Sicht der Mediziner im Krankenhaus ist der Zehnjährige „austherapiert“. Chemotherapie und Knochenmarkstransplantation haben nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Dem Buben bleiben nur noch wenige Tage, als die ihn betreuende Krankenschwester Oma Rosa vorschlägt, jeden Tag so zu leben, als ob es zehn Jahre wären anstatt nur 24 Stunden.

Der französische Schriftsteller und Philosoph Eric-Emmanuel Schmitt hat sich in seinen Büchern, das bekannteste dürfte wohl „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ sein, schon immer gerne mit gelebter Humanität und den unterschiedlichen Religionen im Alltag beschäftigt. Sein in Briefform gestalteter Text „Oskar und die Dame in Rosa“ sucht einen offenen und unerschrockenen Umgang mit dem Thema Sterben. Dabei bleibt seine Geschichte trotz des finalen Todes eines Kindes überraschend unspektakulär. Christiane Brammer und Veronika Eckbauer haben Schmitts Buch jetzt für einen bewegenden Solo-Abend auf die kleine Bühne des Münchner Hofspielhauses gehoben. Mit Michaela May als kluger Interpretin beider Charaktere, der Oma Rosa ebenso wie des kleinen Oskar.

Ein Wechsel von Trainingsjacke zu rosafarbener Kittelschürze oder ein paar Blumen im Haar signalisieren den Rollenwechsel, der sich aber auch durch Tonlage und Betonung ziemlich schnell erkennen lässt. Ansonsten befindet sich die Schauspielerin allein auf der spartanisch möblierten Bühne. Nur flankiert von weiß gestrichenem Tisch und Stuhl in Übergröße. Mit und rund um diese zwei Requisiten entspinnt sich rasch die reduzierte Welt von Oskar. Seine Eltern bringen ihm immer neue Geschenke mit und wissen nicht mehr, worüber sie mit ihm reden sollen. Die Ärzte sehen ihn inzwischen an, als habe er sie persönlich enttäuscht. Die anderen kranken Kinder auf der Station sind irgendwann wieder genesen und dürfen nach Hause. Nur Oskar bleibt.

Ganz langsam entwickelt sich eine Freundschaft zwischen dem unheilbar kranken Buben und der alten Pflegerin Rosa. Sie, angeblich eine ehemalige Schlammcatcherin auf Weltklasse-Niveau, gibt dem Kind Tipps und diskutiert mit ihm seine Sorgen. Ermuntert zum Zwiegespräch mit Gott. Resolut und manchmal ungewöhnlich derb. Sie sprechen über alles rund um den Tod und das Leben, wozu seine Eltern in ihrer Angst und Trauer nicht fähig sind.

Die Inszenierung verlässt sich zu Recht vollkommen auf Michaela May. Sie trägt mit ihrer warmherzigen, unaufgeregten Präsenz den Abend, auch wenn die Premiere noch nicht ganz rund lief. Den Wechsel zwischen den zwei Figuren gestaltete May mit viel Sensibilität, und in den von ihr elegant angeschlagenen leisen Tönen ließ sich eine Melodie erkennen, die stark an Antoine de Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“ erinnerte.
ULRIKE FRICK

Bis 16. Februar 2025,

Termine und Vorverkauf unter www.hofspielhaus.de.

Artikel 9 von 11