Es gibt Komponisten, deren Melodien kennen Millionen – sie selbst jedoch bleiben relativ unbekannt. Hans Hammerschmid war so ein Komponist. Heute noch kann jeder über 40 seine markante Titelmelodie für die ZDF-Serie „Die Schwarzwaldklinik“ pfeifen. Und natürlich „Für mich soll’s rote Rosen regnen“, das er für Hildegard Knef schrieb. Am Samstagmorgen ist er im Alter von 94 Jahren gestorben.
Hammerschmid wurde 1930 in Wien geboren und studierte dort später das Handwerk des Tonsetzers und Dirigenten – mit 17 wurde er mit dem Mozart-Preis ausgezeichnet. Das führte ihn nach Hollywood, wo er 1952 seine erste Filmmusik komponierte. Als Jazzpianist arbeitete er mit großen Namen wie Stan Getz, Dusko Goykovich, Zoot Sims und Helen Merrill zusammen. Beim elften Grand Prix Eurovision de la Chanson 1966 stand er hinter dem Dirigentenpult, als Udo Jürgens das Siegerlied „Merci, Chérie“ schmetterte.
Im selben Jahr lernte er Hilde Knef kennen. Von 1967 bis 1975 stattete er die meisten ihrer Aufnahmen aus – und sorgte so für die künstlerisch fruchtbarste Zeit im musikalischen Schaffen der Diva. Die LPs „Träume heißen Du“ und „Knef“ gehören zum besten deutschsprachigen Pop dieser Zeit. Erstere besteht aus kongenialen Interpretationen von Cole-Porter-Songs – mit nicht minder findigen deutschen Übersetzungen von Texter Mischa Mleinek. Lieder wie „Ich bin einfach viel zu faul“ („Laziest Gal in Town“) oder „Nichts haut mich um – aber du“ („I get a Kick out of you“) konnte wohl nur die Knef mit ihrem dunklen Timbre so wurstig und zugleich anrührend singen, während Hammerschmid es swingen ließ. Letztere LP kleidete er 1970 in funky Jazz und mild-psychedelischen Pop, was Texte wie „Im achtzigsten Stockwerk“ und „Ich brauch Tapetenwechsel“ noch surrealer klingen ließ. Die Platte floppte, wurde später aber als verkanntes Meisterwerk bekultet. Die Fantastischen Vier sampelten sie – und 2022 kletterte die Wiederveröffentlichung auf Platz 23 der deutschen LP-Charts.
Für Hammerschmid war damit freilich noch nicht Schluss. Er schrieb Musik für Filme und TV-Serien, arbeitete mit Musikerinnen und Musikern wie Donna Summer bis Curd Jürgens („60 Jahre und kein bisschen weise“). Auch für einige Episoden von „Traumschiff“, „Hotel Paradies“, „Der Alte“ und „Derrick“ komponierte er Melodien.
Nun ist er friedlich zu Hause in Gräfelfing gestorben. Seine Lebensgefährtin sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Am Sonntag davor saß er noch am Klavier.“ Er spielte „As Time Goes By“. Dieses Lied habe er besonders geliebt, sagte sie. Die Zeit vergeht und nimmt uns alle mit sich. Aber Hans Hammerschmids Melodien bleiben.
JOHANNES LÖHR