Salzburger Endspiele

von Redaktion

Das Festival präsentiert sein Sommerprogramm für 2025

Festival-Intendant Markus Hinterhäuser rechtfertigte sich für die fristlose Entlassung von Schauspielchefin Marina Davydova. © Barbara Gindl

Raphael Pichon konzipiert einen Mozart-Abend. © T. Hase

Emmanuelle Haim dirigiert Händels „Cesare“. © Peter Meisel

Lisette Oropesa singt Maria Stuarda. © Steven Harris

Als ortsüblichen Schwarzhumor könnte man das nehmen – oder als Spiegelung der politischen und gesellschaftlichen Situation. Lauter Endspiele sind es jedenfalls, mit denen die Salzburger Festspiele im Sommer 2025 das Publikum locken wollen. Das geht vom tödlichen Königinnen-Zoff in Donizettis „Maria Stuarda“ über Tschechows „Drei Schwestern“, die sich auch in der Vertonung von Eötvös vergeblich nach Moskau sehnen, bis zu Sorokins verheerendem „Schneesturm“ in der Schauspielsparte. Intendant Markus Hinterhäuser warnte bei der Programmvorstellung vor dem „drohenden Ende der liberalen Demokratie, das in vielen Köpfen als Wunschvorstellung herumgeistert“. Gleichzeitig versuchte er sich mit Blick auf die Weltkrisen als Mutmacher: „Auf eine Apokalypse folgt immer eine neue Erde.“

Eine heftige interne Krise müssen die Festspiele gerade bewältigen. Bekanntlich trennten sie sich vergangene Woche mit sofortiger Wirkung von Schauspielchefin Marina Davydova. Grund war ihre Nebenbeschäftigung beim „The Voices Performing Arts Festival“ in Berlin. Was, wie Hinterhäuser durchblicken ließ, an sich nichts Verwerfliches sei. Wohl aber, dass Davydova die Festspiele nie darüber informierte. Dies sei ein Vertrauensbruch: „Man sollte zur Kenntnis nehmen, dass es Verträge gibt. Und die gilt es bitte schön einzuhalten.“

Die Entlassung Davydovas sei eine gemeinsame Entscheidung des Salzburger Direktoriums und des Kuratoriums gewesen. Hinterhäuser betonte, dass es keine künstlerischen Gründe gebe – obwohl Davydovas Salzburger Programm teils auf heftige Kritik stieß. Hinterhäuser formulierte es so: „Die künstlerische Bewertung von Davydova fällt nicht schlecht aus.“ Die will nun gegen die Vertragsauflösung klagen. Hinterhäuser hat nach eigenem Bekunden noch keine Nachfolgelösung, eventuell besetzt er die Stelle (was erlaubt wäre) ohne Ausschreibung. 2025 wird jedenfalls das komplette, noch von Davydova verantwortete Schauspiel-Programm gezeigt. Kurioserweise auch eine Lesung mit der Geschassten. „Ich weiß nicht, wie sie damit umgehen wird“, sagte Hinterhäuser. Er wünsche sich aber in diesem Punkt eine Einigung mit Davydova.

Auf der Opernseite ist eine deutliche Belebung im Vergleich zum diesjährigen Programm festzustellen. Dass mit einer Barockoper gestartet wird, mit Händels „Cesare“, ist ein Salzburger Sonderfall, auch dass dabei einmal nicht die Platzhirschen der Wiener Philharmoniker im Graben sitzen, sondern die Mitglieder des Spezialensembles Le Concert d’Astrée. Donizetti gehört ebenfalls nicht zum Kernrepertoire des Glamour-Festivals, „Maria Stuarda“ wird betreut von zwei Salzburger Opern-Debütanten: von Dirigent Antonello Manacorda und von Regisseur Ulrich Rasche. Letzterer ist nicht nur am Münchner Residenztheater bekannt für seine bühnenfüllenden, rotierenden Schrägscheiben, mit der er das jeweilige Ensemble in ständiger Bewegung hält. Und für die Titelrolle konnte man eine der aktuellen Belcanto-Königinnen gewinnen: Sopranistin Lisette Oropesa.

Wie andernorts vertraut man nun auch in Salzburg auf die starken Konzepte des französischen Dirigenten Raphael Pichon. Er koppelt mit seinem Ensemble Pygmalion mehrere Mozart-Werke, darunter das Singspiel „Zaide“, zu einem neuen Hybrid. Dass die Mozartstadt hier einmal nicht auf eine der klassischen Opern setzt, ist ein deutliches dramaturgisches Zeichen. Ebenso wie der Doppelabend aus Schönbergs „Erwartung“ und dem „Abschied“, dem letzten Stück aus Mahlers „Lied von der Erde“. Enttäuschend dürften hier viele finden, dass dies von Peter Sellars inszeniert wird. Im vergangenen Sommer lieferte er bei Prokofjews „Spieler“ nur Ausgelaugtes.

Regie-Debütant ist übrigens auch der gerade schwer angesagte Evgeny Titov bei „Drei Schwestern“, ebenfalls der fast zu häufig gebuchte Dmitri Tcherniakov im Falle von „Cesare“. Für die „wirklichen Opernliebhaber“, wie es Hinterhäuser als ungewollte Pointe formulierte, habe man Giordanos „André Chenier“ – den gibt’s allerdings nur als konzertante Version.

Mit Wehmut präsentierte Florian Wiegand letztmals das Konzertprogramm. Bekanntlich übernimmt er nach 13 Jahren Salzburg die Intendanz der Münchner Philharmoniker. Erste Produktion und damit auch Auftakt zur Reihe Ouverture spirituelle ist Henzes Schiffsbruch-Drama „Das Floß der Medusa“. Reihen gibt es auch über Pierre Boulez und Dmitri Schostakowitsch. Der politisch umstrittene Dirigent Teodor Currentzis wurde für zwei Produktionen gebucht. Und noch ein Kuriosum: Maler-Star Georg Baselitz macht gemeinsame Sache mit dem Salzburger Marionettentheater. Bei Strawinskys „Geschichte vom Soldaten“ darf man wohl davon ausgehen, dass Akteure (anders als bei Baseltiz‘ Bildmotiven) richtig herum hängen.
MARKUS THIEL

Der Vorverkauf

ist schriftlich bis zum 21. Januar 2025 möglich, Informationen zum Online-Verkauf und zum genauen Programm unter www.salzburgerfestspiele.at.

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