Sie machen mit ihrer Leistung ein schwaches Stück sehenswert: Anna Schudt und Jörg Hartmann in „changes“. © arno declair
Wer Fan des Dortmunder „Tatorts“ war und es bedauert, dass das berühmte Krimi-Paar seine gemeinsamen Ermittlungen eingestellt hat, der kann Anna Schudt und Jörg Hartmann jetzt an der Berliner Schaubühne erleben. „changes“ heißt das Stück von Maja Zade, das hier vor wenigen Tagen in der Regie von Thomas Ostermeier uraufgeführt wurde. Nur die beiden TV-Stars. Sie spielen Nina und Mark, ein offensichtlich gut situiertes Ehepaar in der Krise, und dazu noch sämtliche Nebenrollen, mehr als 20 Gestalten inklusive Zootiere wie Elefanten und Affen. Die allerdings sind allein Jörg Hartmanns Spezialität.
Dramaturgisch gesehen ist das Stück kein großer Wurf der Autorin. Es behandelt das derzeit in TV-Spielen und diversen Romanen vorherrschende Oberflächengequassel im zum Problem gewordenen Beziehungseinerlei frustrierter oder überforderter Wohlstandsmenschen.
In Zades Stück wird die Alltags-Ödnis-Langweiler-Geschichte formal ein bisschen aufgepeppt, weil die Hauptpersonen auch die Nebenrollen übernehmen, sie also ihr eigenes kleines, gesellschaftliches Umfeld selbst mitspielen. Und da Nina eine Lokalpolitikerin ist und Mark sich als ein vom Anwaltsberuf zum Lehrerjob gewechselter Idealist und anonymer Alkoholiker quält, schlüpfen Schudt und Hartmann gleichsam in Windeseile in die Winzlingsrollen von Schülern, Reportern, Direktoren, Erpressern, Eltern, dem eigenen Vater und so weiter. Das garantiert zumindest schauspielerische Rasanz, denn mit Schudt und Hartmann stehen zwei großartige Schauspieler auf der Bühne. Ihre Uneitelkeit, ihre menschliche Bescheidenheit, ihr virtuoses Wechseln zwischen der Traurigkeit ihrer Protagonisten und der darstellerischen Freude an den „Kasperliaden“ der Randrollen macht die ganze Sache dann doch sehenswert. Allerdings wünschte und hofft man, dass Anna Schudt, deren bewundernswerter Berufsanfang in den glanzvollen Jahren des Dorn-Ensembles lag, und Jörg Hartmann sich in Zukunft nicht beschränken auf derlei Problemzonen-Unterhaltungsstückchen wie „changes“, sondern sich auch den gewichtigen Herausforderungen des Welttheaters stellen. An der Schaubühne sollte dies möglich sein, wenn das Theater wie auch die anderen Kultureinrichtungen der Stadt existenzgefährdend getroffen sind von den kurzsichtigen, ahnungslosen Beschlüssen des Berliner Senats: millionenschwere Finanzkürzungen. Dumm, dreist, dämonisch. Da hilft nur, sich ganz groß dagegenzustellen.
SABINE DULTZ
Nächste Vorstellungen
19. bis 22. und 28. bis 31. Dezember sowie 1. und 30. Januar, außerdem 2. Februar. Die Abende gelten als „ausverkauft“, aber kurzfristige Versuche haben nicht selten Erfolg.