Hungrig nach Brahms

von Redaktion

Die „Drei Bs“ beim Orchesterkonzert am Gärtnerplatz

Ungewohntes Repertoire: Chefdirigent Rubén Dubrovsky und das Orchester des Gärtnerplatztheaters. © Marie-Laure Briane

Sich hin und wieder aus der eigenen Komfortzone zu wagen, schadet nie. Gerade wenn ein Opernhaus nicht nur liebgewonnene Traditionen pflegen will, sondern der Chefdirigent auch neue Impulse setzen möchte. Im Fall von Rubén Dubrovsky sind dies „Drei Bs“, die am Gärtnerplatztheater naturgemäß eher eine untergeordnete Rolle spielen. Weil es jedoch schade wäre, wenn Bach, Beethoven oder Brahms spurlos an seinem Orchester vorbeigingen, hat der Chefdirigent die drei Titanen nun erneut ins Zentrum eines symphonischen Abends gerückt.

Was dieses Orchesterkonzert besonders machte, waren dabei nicht zuletzt Dubrovskys humorvolle Moderationen, mit denen er das altersmäßig erfreulich durchmischte Publikum auf die Werke einstimmte. Wobei die angesprochenen Verknüpfungen später auch in seiner Lesart der Partituren klar herausgearbeitet wurden.

Dass hier kein Originalklang-Ensemble auf der Bühne saß, war dem drittem Brandenburgischen Konzert von Bach zwar ebenso anzuhören wie Beethovens erster Symphonie. Trotzdem verstand es Dubrovsky in beiden Fällen, ein historisch informiertes Klangideal zu kultivieren, auf das sich sein Orchester gern einließ – wodurch gerade die schlank musizierte Erste besonderen Biss bekam.

Am wohlsten fühlte man sich aber hörbar beim jüngsten der drei Bs. Nachdem die zurückliegenden Wochen am Haus eher Musical- und Operetten-lastig waren, schienen sich die Musikerinnen und Musiker umso hungriger auf Brahms‘ dramatisch aufgeladene erste Sinfonie zu stürzen, deren dunkle Farben auch von Rubén Dubrovsky ausgereizt wurden. Und dass auch das Publikum hieran seine helle Freude hatte, bestätigte sich im Anschluss noch einmal bei der Zugabe. Als die Hornisten sich da an die Alphörner stellten, war das Foyer dem Andrang der Neugierigen kaum gewachsen. Auch dies eine neu etablierte Tradition, die sich gerne festsetzen darf.
TOBIAS HELL

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