Suche nach dem Münchner Sound

von Redaktion

Saxofonist Moritz Stahl über sein neues Trio und die Jazz-Szene an der Isar

Das Trio Endern stellt sich am heutigen Dienstag im Münchner Schwere Reiter vor. © Stahl

Mit „Traumsequenz“ hat Moritz Stahl kürzlich eine der besten deutschen Jazzproduktionen des Jahres vorgelegt. © Stahl

Fragt man nach den Aktivposten der Münchner Jazzszene, kommt man an Moritz Stahl immer weniger vorbei. Mit „Traumsequenz“ hat der 33-jährige Tenorsaxofonist kürzlich eine der besten deutschen Jazzproduktionen dieses Jahres vorgelegt. Neben seinem darauf zu hörenden, exzellenten Quintett gehört Stahl, der 2022 den BMW Welt Young Jazz Artist Award gewann, auch zum festen Stamm der Jazzrausch Bigband und zum Elektronik-Jazz-Projekt Ark Noir, betreibt mit Tunnel.Visions ein eigenes Label und kuratiert Konzertreihen, und sein künstlerisches Alter Ego Odizouu erforscht Klänge, die er „Ambient-Improvisationen und -Entdeckungen“ nennt. Heute um 20 Uhr stellt Stahl im Schwere Reiter das neue Trio Endern vor, dessen erstes Album am Freitag veröffentlicht wird.

Wie kam es zu diesem Trio, und welchen Ansatz verfolgt Endern?

Ich habe in den letzten zwei Jahren sehr viel mit dem Pianisten Basti Pfeifer im Duo gespielt. Wir haben beide ein Faible für freie Improvisation und für zeitgenössischen Jazz, der auch in Richtung Neue Musik gehen kann. Bei einem unserer sogenannten Wohnzimmerkonzerte war zufällig Sebastian Wolfgruber da, und ich habe ihn gefragt, ob er sich nicht für ein Set ans Schlagzeug setzen und mitspielen will. Das war quasi unser erster Gig, komplett frei, aber es hat sich gleich so gut angefühlt, dass allen drei klar war: Da wollen wir dranbleiben.

Ist es also Free Jazz, was ja für viele eine Art Schreckgespenst ist?

So würde ich es nicht nennen. Die Herangehensweise hat sich seit dem ersten Konzert auch sehr verändert. Wir haben freie Improvisationen aufgenommen, woraus Ideen entstanden, die wir transkribiert und als Ausgangspunkt für Stücke verwenden haben. Wir nennen das Konzept „Free/Transcripts“. Es gibt also inzwischen Stücke, die explizit für diese Band geschrieben wurden, auch wenn wir darin mit Harmonik und Rhythmik offen umgehen.

Spielt die Elektronik, anders als in vielen Ihrer Projekte, diesmal keine Rolle?

Obwohl wir auf diesen ganz trockenen Sound stehen – Klavier, Schlagzeug, Saxofon –, spielt Basti Pfeifer auch mal Synthesizer, ich bringe mein Pedalboard ein. Das ist wie ein weiteres Instrument, sodass neue Klangfelder entstehen. So haben wir etwa einen neuen Track, der einen griffigen Beat hat und sehr groovt, auch wenn darüber alles sehr offen ist. Es ist wirklich schwer, das in Schubladen zu packen.

Was bedeutet der Bandname Endern?

Das Wort kam mir einfach so in den Sinn. Dass darin nicht nur Ende steckt, sondern man es auch im Sinne von „etwas ändern“ verstehen kann, ist mir erst im Nachhinein aufgefallen. Es hat also keine konkrete Bedeutung, passt aber mit seiner spielerischen Art vielleicht ganz gut zu unserer Musik. Wir wollen auch nicht das Rad neu erfinden, sondern einfach ein paar Dinge anders machen.

Bei Jazz in Deutschland dreht sich immer alles um Köln und Berlin. Wie empfinden Sie im Vergleich dazu die Münchner Szene?

Es gibt hier sehr viele gute Musikerinnen und Musiker, die Szene ist extrem vielfältig. Aber das ist genau das Ding: Der typische München-Sound existiert halt nicht. Was vielleicht noch fehlt, ist eine Spielstätte, die auch als Treffpunkt für die junge Szene dient, wo man nach den Konzerten noch zusammen abhängt und auf diese Weise Neues entstehen kann. Auch wenn ich mich davon angezogen fühle, werde ich erst mal nicht nach Berlin ziehen. Ich denke, ich kann in München schon auch was bewegen.

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