Ganz schön knackig

von Redaktion

Andrea Marcon dirigiert bei den Münchner Philharmonikern Barockes

Als Barock-Band machen sich die Münchner Philharmoniker gut: Andrea Marcon am Pult in der Isarphilharmonie. © Sebastian Widmann

Als aus den Bühnentüren immer mehr Sängerinnen und Sänger quellen, fürchtet man noch: Das wird ein Elefantentanzen. Johann Sebastian Bachs Magnificat mit einer gefühlten Hundertschaft des Philharmonischen Chores – jenseits aller historisch informierten Praxis ist das. Und doch erstaunt es, wie sich das Ensemble durch eine der kniffligsten Oratorien-Partituren bewegt. Weil am Pult ein Mann steht, der kein Jota nachgibt. Ganz schön knackig, diese Tempi.

Auch bei den Münchner Philharmonikern ist es Brauch, dass sie sich ab und zu Experten als Barocktrainer holen. Andrea Marcon, italienischer Dirigent, Cembalist und Organist, setzt vor allem auf Spurt und Musikantisches, in kleinteiliger Agogik verzetteln sich eher die Kollegen. Wenn Marcon Details formt oder das aufnimmt, was die stilbewussten Philharmoniker anbieten, wird das nie demonstrativ.

Als Barock-Band macht sich das Orchester ausnehmend gut, man höre dazu nur Bachs dritte und vierte Orchestersuite. Vom fahlen Gespinst (in der berühmten „Air“) bis zum kräftigen Farbauftrag ist alles drin und oft am oberen Rand des Spielbaren. In Antonio Vivaldis g-Moll-Konzert RV 576 glänzen die Solistinnen und Solisten auf hoher Furor-Stufe, es ist ein geistreicher, übertouriger Diskurs. Überhaupt scheint es, als ob Marcon auch den deutschen Barock-Papst zum Südländer machen will.

Und doch klingt manches an diesem Abend in der Isarphilharmonie nach Zwischenergebnis. Nicht alles ist eingerastet, auch weil die Philharmoniker in recht großer Besetzung aktiv sind. Ihre höhere Postierung am linken Bühnenrand lässt außerdem die drei Trompeten ziemlich vorlaut klingen, so virtuos der Part auch gespielt ist. Der Saal verträgt durchaus Dezenteres, man höre nur die beiden Blockflöten, die sich in reduzierteren Nummern durchsetzen können.

Im Magnificat nach der Pause bringen die Instrumente mehr Agogik und Klangrede ein als die oft neutral gesungenen Soli – abgesehen von Sopranistin Miriam Feuersinger. Chor und Orchester gestalten plastisch, sind sehr präsent, und doch spürt man: Bachs Adventsjubel bedeutet Arbeit. Die Aufführung hebt nicht ab. Was sich nach weiteren Trainingsstunden ändern könnte. Mitte März nimmt sich Andrea Marcon übrigens das BR-Symphonieorchester vor.
MARKUS THIEL

Weiteres Konzert

an diesem Samstag, 19 Uhr;
Karten unter www.mphil.de.

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