Erstmals in den Titelrollen: Margarita Fernandes und António Casalinho. © Gherciu
Ein Weihnachtsgeschenk: John Crankos „Romeo und Julia“ (Stuttgart 1962) im Münchner Nationaltheater. Mit solch einer hinreißend getanzten 14-Uhr-Vorstellung wirbt das Bayerische Staatsballett bestens für Zuschauernachwuchs. Der johlte bei den Applausstürmen kräftig mit. Und selbst wer Crankos Shakespeare-Ballett (seit 1968 in München) schon viele Male gesehen hat, entdeckte es hier noch mal neu.
Wie malerisch gelungen Jürgen Roses hohe Palasträume und feine Adelsmode. Wie klug Crankos szenische Verbindungen: hier höfischer Gesellschaftstanz und gleich daneben ausgelassenes Karnevalstreiben der Veroneser. Jetzt Kampfgefechte der Capulets und Montagues – und dann doch die Liebe zwischen ihren Kindern. Erstmals António Casalinho und Margarita Fernandes in den Titelpartien.
Die Szenen gleiten fast filmisch ineinander. Auch dank des Dirigats: David Garforth schmeichelt und jagt das Staatsorchester durch alle Prokofjew-Tempi und -Stimmungen. Wovon auch das vielfältige Tanzgeschehen profitiert. Dazu geben schon zu Beginn den zügigen tänzerischen Ton an: Casalinho, Ariel Merkuri als Mercutio und Tommaso Beneventi als Benvolio. Debüts auch für die beiden Letzteren. Wie das Freundestrio da hintereinander die „Tour en l’air“, den „gedrehten Luftsprung“ hinkriegt ohne einen einzigen Wackler und mit Fuß-präziser Landung – einfach super. Merkuri lässt seinen draufgängerischen Mercutio später noch durch komplizierte Schritte jagen.
Dieser Cranko ist einfach ein Meilenstein in seinem gelungenen Ineinander von Tanz und Schauspiel. Übergehen wir hier das schmerzhafte Ende der Liebenden. Und erinnern uns an die Balkon-Szene: Mit Margarita Fernandes und António Casalinho erleben wir ein sehr junges Paar, ehrlich-jugendlich im Ausdruck, technisch schon von hoher Perfektion. Unangestrengt makellos bei Casalinho die komplizierten CrankoHebungen, in die Margarita Fernandes federleicht hineinschmilzt.
MALVE GRADINGER