In den Bergen: Mit Bruno Ganz drehte Hoger den Kinofilm „Heidi“. © Wehner/Studiocanal
Innige Beziehung: Hannelore Hoger mit ihrer Tochter Nina. © Perrey/dpa
Rasant: Bella Block (Hannelore Hoger) und Simon (Rudolf Kowalski). © Manthey/ZDF
Dass sie Schauspielerin werden wollte, stand für Hannelore Hoger schon fest, als sie 14 Jahre alt war. Nun ist sie in ihrer Heimatstadt Hamburg gestorben. © Reinhold/Thomas und Thomas
In einer Folge von „Bella Block“ – die Ausstrahlung liegt sicher über 15 Jahre zurück –, da sieht Hannelore Hoger in ihrer Rolle als Kommissarin furchtbar müde aus. Erschöpft von der Arbeit und vom Leben, ein bisschen desillusioniert angesichts der vielen Verbrechen, mit denen sie konfrontiert ist. Im Interview kommt das zur Sprache. Man drückt seine Anerkennung für den Mut aus, diese Bella Block so zu zeigen, wie eine Frau eben aussieht, die nicht mehr 30 ist, sondern jenseits der 50 und, ja, auch schon gelebt hat, gut und gerne. Hannelore Hoger überlegt eine kleine Weile und formuliert schließlich etwas rüde: „Also, wenn ich müde und erschöpft aussehe, dann muss ich wohl mal mit dem Kameramann reden.“ Pause. Ist man ihr zu nahegetreten? „Andererseits“, sagt sie dann und lächelt. „Sie haben schon Recht, und der Regisseur wird sich was dabei gedacht haben. Es ist ja, wie es ist.“
Ein typischer Hoger-Moment war das. Sie konnte ihr Gegenüber mitunter verunsichern, verband das aber immer mit einer entwaffnenden Ehrlichkeit und einer großen Portion Charme, der herb und liebevoll gleichermaßen war.
Am 21. Dezember ist Hannelore Hoger in ihrer Geburts- und Heimatstadt Hamburg verstorben. Das teilte ihre Tochter Nina am Freitagmorgen mit. Wie alt Hoger geworden ist, bleibt unklar, sie fand die Frage nach ihrem Alter zeitlebens „eher unschön“. Und so schwanken die Angaben zu ihrem Geburtsjahr zwischen 1940 und 1943. Laut ZDF wurde sie 84 Jahre alt.
„Hannelore Hoger war der Inbegriff einer großen Schauspielerin“, würdigt Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien in Hamburg und Präsident des Deutschen Bühnenvereins, die Künstlerin. Ganz gleich ob am Theater, im Film oder im Fernsehen – Hoger habe es verstanden, sich Charaktere vollständig zu eigen zu machen und dabei in der Rolle stets präsent zu bleiben. „Ihre Kunst war das psychologisch feinfühlige Spiel, ihre Gabe das Gespür für ein großes Publikum und ihre Leidenschaft die unbedingte Freiheit.“
Dass sie Schauspielerin werden wollte, stand für Hannelore Hoger schon fest, als sie gerade einmal 14 Jahre alt war. „Ich weiß das noch sehr genau“, erzählte sie, deren Vater organisatorischer Leiter am Hamburger Ohnsorg-Theater war, einmal im Gespräch mit unserer Zeitung. „Ich hatte diesen Drang in mir. Ich habe schon als Kind auf der Straße immer gesungen und geschrien und gespielt. Es musste wohl etwas raus aus mir und da war die Bühne ein schönes Ventil. Es hätte für mich damals keine Alternative gegeben.“ Zum Glück, möchte man hinzufügen. Im Lauf der Zeit wurde der Traum der kleinen Hannelore Wirklichkeit und die Hoger zu einer der bekanntesten und profiliertesten deutschen Schauspielerinnen.
Ihr erstes Theaterengagement nach der Ausbildung hatte sie Anfang der Sechzigerjahre in Ulm unter dem Intendanten Kurt Hübner. Es folgten Anstellungen in Bremen, Stuttgart, Bochum und Hamburg, Hoger arbeitete mit den prägenden Regisseuren der Zeit wie Peter Zadek, Peter Palitzsch und Augusto Fernandes, führte später selbst Theaterregie. Parallel entdeckte sie ihre Liebe für den Film und das Fernsehen, feierte 1965 in Peter Beauvais’ „Tag für Tag“ ihr Debüt vor der Kamera und lernte kurz darauf Alexander Kluge kennen, mit dem sie auch liiert war und über Jahrzehnte eng zusammenarbeitete, angefangen mit dem Kinofilm „Die Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos“ (1968) über „Die Patriotin“ (1979) bis zu „Die Macht der Gefühle“ (1983). Mit Volker Schlöndorff drehte sie „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ (1975), mit Rainer Werner Fassbinder „Deutschland im Herbst“ (1978), mit Egon Monk „Die Bertinis“ (1988), mit Edgar Reitz „Die zweite Heimat“ (1992), mit Helmut Dietl „Rossini – oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief“ (1997).
Das ganz große Publikum erreichte Hannelore Hoger in der Rolle der eigenwilligen, exzentrischen, manchmal sarkastischen Kommissarin Bella Block in der gleichnamigen Krimireihe, die von 1994 bis 2018 im ZDF lief. Diese Bella Block agierte unkonventionell, sie rauchte, trank und fluchte und setzte damit anderen, eher „damenhaften“ Ermittlerinnen etwas Schönes und sehr Wahrhaftiges entgegen. Nach dem Abschied von „Bella Block“ drehte Hoger nur noch selten, gesundheitliche Probleme machten ihr zu schaffen, sie zog sich zurück, verbrachte Zeit mit Tochter Nina. Denn bei aller Erfüllung im Beruf, bei allen Preisen, mit denen sie ausgezeichnet wurde, bei allem Applaus, den sie bekam, war die heute 63-Jährige, die auch als Schauspielerin erfolgreich ist, stets das Wichtigste überhaupt im Leben von Hannelore Hoger, dieser großartigen Frau.
STEFANIE THYSSEN
Zu Ehren
von Hannelore Hoger zeigt das ZDF am Sonntag um 23.30 Uhr die Folge „Das schwarze Zimmer“ aus der Reihe „Bella Block“.