Die Zukunft beginnt jetzt

von Redaktion

Markus Michalke blickt nach USA-Reise mit dem Kunstminister positiv in 2025

Einer der vielen Schätze der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen: Dürers „Selbstbildnis mit Pelzrock“. © Alte Pinakothek

Voller Energie und Leidenschaft für die Kultur – der Vorstand der Stiftung Kulturzukunft Bayern (v. li.) Max Wagner, Anna Kleeblatt, Herzog Franz von Bayern und Markus Michalke. © Maximilian Rossner/Stiftung Kulturzukunft Bayern

Sein Paradebeispiel ist Albrecht Dürers „Selbstbildnis im Pelzrock“. Das Gemälde eines der größten deutschen Künstler aller Zeiten ist seit 1805 in der Alten Pinakothek zu Hause. Mitten in München. So wertvoll und so voller Kraft, dass Markus Michalke eines nicht versteht: Warum wird nicht viel mehr gemacht aus diesem Schatz der an Schätzen reichen Bayerischen Staatsgemäldesammlungen? „Dieses Selbstbild von Dürer ist unser Bild der Zeit. Wir fragen uns jeden Tag, wer wir sind, wir schauen uns Selfies auf unseren Handys an, um Antworten zu finden. Und er hat genau diese Frage vor Hunderten von Jahren mit seinem Selbstbildnis gestellt. Dieses Motiv sollte man in der ganzen Welt plakatieren. Ein eigenes Zimmer einrichten, die Aufmerksamkeit viel stärker darauf lenken. Das würde Millionen anlocken.“

Wer Markus Michalke diese Sätze sagen hört, könnte meinen, der Vorsitzende der Stiftung Kulturzukunft Bayern wolle Kunst zu Kommerz machen. Will er nicht. Im Gegenteil: Michalke kämpft seit Jahrzehnten ehrenamtlich dafür, dass Kultur eben nicht nur für eine elitäre Masse zu erleben ist, sondern dass jeder sie als Kraftquell nutzen kann. Denn dieser Quell ist in Bayern reich gefüllt. Nur: Es besteht die Gefahr der Austrocknung. Theater, Museen, Opernhäuser müssen renoviert werden, es mangelt an Personal und Geld. Und überhaupt fehlte es in den vergangenen Jahrzehnten in der Kulturpolitik am Willen, aktiv etwas dafür zu tun, dass diese reiche Kulturlandschaft auch in Zukunft blüht.

Deshalb haben Michalke und seine Mitstreiter wie berichtet vor zwei Jahren die Initiative Kulturzukunft Bayern gestartet. Das Ziel: Das, was ist, noch stärker zu machen. Auch, um sich weniger abhängig zu machen von politischen Entscheidungsträgern, die daherkommen und sagen könnten: Wozu Kulturförderung? Braucht doch keiner.

Etliche Bürgerveranstaltungen haben sie organisiert, unzählige Gespräche mit Politikern geführt. Und was soll man sagen? Das neue Jahr beginnt – und es beginnt frohgemut. Markus Michalke sagt: „Es geht endlich los. Wir sind überzeugt, dass wir am Beginn von etwas Großem stehen.“

Und weil man, um Großes zu schaffen, manchmal in die große weite Welt fahren muss, initiierte Michalke kürzlich eine Kunst-Delegation mit Kunstminister Markus Blume (CSU) nach New York. Die Idee: Inspiration zu finden für ein neues Modell, das über die nächsten zehn Jahre hinaus wirkt. „Das Tolle ist: Der Minister hat Lust, sich damit auseinanderzusetzen, wie man die Kulturlandschaft positiv verändern kann. Und wenn man sich damit auseinandersetzt, wird offensichtlich, dass es an vielen Ecken knarzt; dass wir mit den Ressourcen nicht so umgehen, wie wir könnten und sollten.“

Die USA also als ein Ort, der uns vieles vor Augen führen kann. Was bei uns besser, was bei uns schlechter läuft. Dort gibt es keine staatliche Kulturförderung wie bei uns. Nachteil: In Krisen wie Corona gingen in den USA etliche Häuser ein; Vorteil: Dort kann sich keiner auf steter finanzieller Förderung ausruhen, sondern muss dafür sorgen, dass die Leute kommen oder Sponsoren Gelder geben. „Was mir bei uns ein bisschen fehlt, ist, dass die Institutionen selber die Verantwortung für ihre Existenz übernehmen“, sagt Michalke. Er nimmt eine wesentliche Erkenntnis von der Reise mit: „Uns wurde einmal mehr vor Augen geführt, dass unsere Sammlungsbestände in Bayern spektakulär sind. Eine derartig dichte Kulturlandschaft wie bei uns gibt es so fast nirgends auf der Welt.“ Was fehlt, sei, mehr daraus zu machen. „In den USA haben sie gelernt, den Besucher ins Zentrum zu stellen; dafür zu sorgen, dass sich jeder als Gast willkommen fühlt. Das wird bei uns noch zu oft auf den Besucherdienst abgeschoben. Im MoMA in New York etwa ist das anders. Da wird sichergestellt, dass jeder, vom Kurator bis zum Aufseher, dafür sorgt, dass die Besucher ein gutes Erlebnis haben.“

Kurzum: In Zusammenarbeit mit dem Kunstministerium, das dafür mit Noch-Kulturreferent Anton Biebl einen eigenen „Change-Manager“ angestellt hat, soll es nun darum gehen, eine neue Strategie zu entwickeln. „Wir haben die Substanz, für die uns die Welt beneidet: Jetzt müssen wir bereit sein, marktwirtschaftlicher zu denken. Bereit sein, Geld für Kommunikation auszugeben, für Professionalisierung, für Fundraising – dann steht uns alles offen.“ Es solle kein amerikanisches Modell kopiert werden – sondern ein auch in Zukunft erfolgreiches europäisches, bayerisches Modell entstehen. Eines, bei dem man nicht abhängig davon ist, dass irgendein Minister gerade Lust auf Kultur hat.

Eine Entscheidung scheint bereits gefällt: Sämtliche Einnahmen sollen künftig bei den Museen bleiben. Wer erfolgreicher ist, hat mehr Mittel zur Verfügung. „Das mögen nicht alle. Da hören wir oft, dass sich Erfolg nicht nur über Besucherzahlen messen lässt. Darum geht es nicht. Natürlich sollen Museen weiter Orte der Forschung, des Experimentierens, der Bewahrung, der Diskurse sein. Aber eben nicht nur.“ Das ist sein Wunsch: „Dass wir Personen finden, die im sicheren Rahmen arbeiten können, aber trotzdem unternehmerisch so ein Museum voranbringen.“

Und so geht sie auch schon los, die Suche. Wie berichtet, entwickelt die Stiftung Kulturzukunft Bayern einen Kulturatlas – eine digitale Plattform, die das landesweite kulturelle Angebot erhebt und sämtlichen Akteuren die Möglichkeit zur Kooperation bietet. Stichwort: Ressourcen nutzen. Dafür sucht sie Botschafter. Gegen eine Aufwandsentschädigung von 1400 Euro brutto im Monat können gut vernetzte Persönlichkeiten dafür sorgen, dass der Atlas weiter wächst. Bewerbungen sind bis zum 31. Januar möglich. Alle Infos gibt’s unter www.kulturzukunftbayern.de.

Ein bisschen wird diese Internetseite also einmal sein wie Dürers Selbstbildnis. Ein Blick hinein eröffnet uns, wer wir sind: Erschaffer einer reichen, anregenden, bunten Kulturlandschaft. Über Jahrtausende aufgebaut – in kürzester Zeit zerstört? Die Weichen werden jetzt gestellt.
K. KRAFT

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