Ein Herzensprojekt

von Redaktion

Innes Sibun legt neues Album vor und berichtet aus seiner Zeit in Robert Plants Band

Mehr als 30 Jahre lang hegte Innes Sibun den Wunsch, ein reines Instrumentalalbum aufzunehmen. Es kamen allerdings einige gute Gründe dazwischen. Ein Anruf von Rock-Gigant Robert Plant beispielsweise, der ihn in seine Band einlud. Sein ehemaliger Bandkollege, der Bassist Charlie Jones, hatte ihn empfohlen. Gemeinsam mit Jones und einigen Freunden ging Sibun das Herzensprojekt nun an (siehe Kasten). Anlässlich des Erscheinens von „The Preacher“ berichtet der 1968 geborene Blues- und Rockgitarrist über dessen Entstehung und seine Zeit bei Robert Plant.

„Terror! Ungläubigkeit! Selbstzweifel!“ Als Kind und Jugendlicher hatte Sibun sein selbst verdientes Geld in einen Plattenladen getragen und sich so Stück für Stück durch die Blues-, Soul- und Rockgeschichte gearbeitet. Er war ein großer Led-Zeppelin-Fan; in seinem Zimmer prangte ihr Poster. Nun sollte da am anderen Ende der Leitung wirklich Robert Plant sein? War er. Dem hatte gefallen, was er bei einer Studiosession zu hören bekam. An das folgende Gefühlschaos zwischen Panik und Freude erinnert sich Sibun gut.

„Ich fühlte mich gleichzeitig unglaublich geehrt.“ Diese Ehre habe auch harte Arbeit bedeutet, schließlich kannte er den Zeppelin-Kanon zwar auswendig, hatte ihn aber noch nie gespielt. „1993 gab es noch kein Youtube, also musste ich mir die Platten anhören und versuchen, herauszufinden, was da vor sich ging“, erzählt Sibun. „Jimmy (Page, d. Red.) hat bei vielen Led-Zep-Songs so viele Gitarren eingespielt, dass es wirklich sehr schwierig war, die zu spielenden Parts zu finden.“ Sibun hat es geschafft. Aber Zweifel, in die Fußstapfen eines der größten Gitarristen der Rockgeschichte, der Ikone Jimmy Page, treten zu können, gingen mit auf Tour. „Ich war absolut eingeschüchtert.“

Gerade von seiner eigenen Tournee durch britische Bluesclubs zurück, fand er sich bald in einer gepanzerten Limousine in Südamerika wieder, auf dem Weg in ein Stadion. „Der Moment, der mich wahrscheinlich am meisten schockiert hat, war, als wir später zwei Abende im Orpheum Theater in Boston spielten. Nach der Hälfte des Sets bemerkte ich einen großen Kerl in langem schwarzem Mantel und weißem Schal, der uns von meiner Seite der Bühne aus beobachtete.“ Es war Page, der sich nach dem Konzert zu Sibuns großer Erleichterung sehr nett und anerkennend äußerte. Später seien alle in den House of Blues Club gegangen. „Als Robert und Jimmy gemeinsam hereinkamen, wurde es still im Raum, das war ein ganz besonderer Moment.“

Sein Freund Charlie Jones, dessen Empfehlung er solche Momente zu verdanken hatte, kam ihm in den Sinn, als er sich nun vornahm, das Instrumentalalbum endlich anzugehen. „Immer, wenn wir uns trafen, haben wir darüber gesprochen.“ Den nötigen Druck brachte – ausgerechnet – eine Diagnose: ein Tumor auf der Blase, der sich gottlob als gutartig entpuppte. Sibun wollte keine Zeit mehr verlieren. Vier Stücke hatte er in der Schublade und spielte sie in zwei Tagen – live und auf Sichtkontakt – mit seinen Freunden ein. Sie sind keine Unbekannten in der Musikwelt: Charlie Jones (Page/Plant, The Cult, Goldfrapp), Clive Deamer (Jeff Beck, Portishead, Robert Plant, Radiohead), John Bagott (Robert Plant, Portishead) und seine Tourband, bestehend aus Kevin O’Rourke, Kevin Jefferies (Roger Taylor) und Anders Olinder (Glenn Hughes), halfen ihm. So lässt sich auf „The Preacher“ ein großes Spektrum an Einflüssen aus vielen Genres entdecken. Und, bei genauem Hinhören, auch so einige aus der Klangwelt von Page & Plant.
C. ULRICH

Artikel 4 von 8