Das österreichische Kaiserpaar gibt sich für einige Wochen an der Schwanthaler Straße die Ehre für eine opulente Aufführung, die viel mehr ist als nur halbkonzertant, wie das Deutsche Theater angekündigt hat. © TIANYE DONG
Standing Ovations sind bei Premieren im Deutschen Theater keine Seltenheit. Doch dass sich das Publikum bereits während der Vorstellung von seinen Sitzen erhebt, ist selbst hier nicht jeden Tag zu erleben. Wenn sich jemand solche Huldigungen verdient hat, dann Komponist Sylvester Levay, der mit „Elisabeth“ das erfolgreichste deutschsprachige Musical aller Zeiten geschaffen hat. Und so gab es im Saal kein Halten mehr, als der Meister höchstpersönlich für einen kurzen Gastauftritt auf die Bühne kam, um den Ohrwurm „Ich gehör nur mir“ zu dirigieren.
Die großen Nummern hauen richtig rein
Dass der Fokus hier in erster Linie auf der Musik lag, war aber freilich auch der Tatsache geschuldet, dass man an der Schwanthaler Straße diesmal eine halbkonzertante Variante des Musicalhits präsentiert, die sich in Wien bereits bei drei großen Open-Air-Aufführungen vor Schloss Schönbrunn bewährt hatte. Wobei man bei dieser von Regisseur Gil Mehmert betreuten Tournee das Wort „halb“ guten Gewissens streichen könnte.
Denn obwohl das Orchester prominent auf der Bühne platziert ist, wird die verbleibende Spielfläche optimal genutzt, um das Leben der Kaiserin kurzweilig in Szene zu setzen. Als Zuckerl für die Fangemeinde ist da nun im zweiten Akt sogar wieder Platz für eine kurze jazzige Tanzsequenz, die einst nach der Uraufführung gestrichen wurde. Und dass man dafür an der einen oder anderen Stelle leicht gekürzt hat, tut der kompakt erzählten Produktion durchaus gut.
Nicht verschwiegen sei allerdings auch, dass vom angekündigten „großen Orchester“ der Schönbrunner Fassung für das Münchner Gastspiel gerade noch 18 Musikerinnen und Musiker übrig geblieben sind. Was zugegeben aber immer noch fast doppelt so viel ist, als man sonst bei den meisten Tournee-Produktionen geboten bekommt. Und dank eines hoch motivierten Ensembles hauen so vor allem die großen Chor-Nummern – wie die unheimliche Hochzeitsprozession oder das kämpferische „Milch“ – so richtig rein. Zusätzlich verstärkt durch eine spektakuläre Lichtshow, die ebenso für stimmungsvolle Bilder sorgt wie die VideoProjektionen, die im Hintergrund die originalen Schauplätze von der Hofburg bis zur Wiener Kapuzinerkirche heraufbeschwören.
Als Titelheldin war am Premierenabend Bettina Mönch zu erleben, die sich mühelos in die lange Ahnengalerie prominenter Rollenvorgängerinnen einreiht. Sie überzeugt hier einerseits mit jugendlichem Optimismus und Kampfgeist. Doch ihre stärksten Momente hat Mönch vor allem im zweiten Akt, wenn sie, vom Schicksal gezeichnet, ihren Sohn zu Grabe tragen muss, oder im berührenden Duett mit dem von Dennis Henschel verkörperten Franz-Joseph eine Bilanz ihres Lebens zieht.
Groß sind auch die Fußstapfen, die Lukas Mayer als Tod zu füllen hat. Doch er haucht sich hier meist mit neutralem Schlafzimmerblick durch den Abend und nutzt dabei nur selten das volle Potenzial seiner Stimme. Weshalb gerade den Szenen mit Elisabeth leider das Knistern fehlt. Herausgefordert wird er aber auch von Kronprinz Rudolf. Denn selbst wenn Elisabeths Sohn nur zwei kurze Auftritte gegönnt sind, weiß Dennis Hupka mit seinem Solo „Wenn ich dein Spiegel wär“ nachhaltig auf sich aufmerksam zu machen.
Über all dem thront Riccardo Greco, der als Elisabeths Mörder Luigi Lucheni den dämonischen Erzähler geben darf. Mit seiner ansteckenden Spielfreude hat er das Publikum von Beginn an fest in der Hand und mischt den Saal mehr als einmal ordentlich auf. Eben ein echtes Bühnentier. Und so geht es nicht zuletzt auf sein Konto, dass „Elisabeth“ auch in dieser Inkarnation weiter ihren Kultstatus verteidigt. Aber etwas anderes zu behaupten, wäre in der bayerischen Geburtsstadt der Kaiserin wohl eh Majestätsbeleidigung.
TOBIAS HELL
Vorstellungen
bis 2. Februar,
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