Die Transsibirische Eisenbahn ist ein beinahe mythischer Ort. Die französische Autorin Maylis de Kerangal macht die legendäre Bahn in ihrem Roman „Weiter nach Osten“ zum Schauplatz einer außergewöhnlichen Begegnung zweier Menschen, die auf unterschiedliche Art auf der Flucht sind. Der Zwangsrekrut Aljoscha ist von seiner Kompanie desertiert, die Französin Hélène hat ihren russischen Geliebten verlassen. Während der Zug weiter nach Osten rollt, macht sich die Touristin zur Komplizin des jungen Deserteurs und versteckt ihn in ihrem Abteil. Als die anderen Soldaten Aljoschas Verschwinden bemerken, wird es gefährlich. Trotz oder vielleicht gerade wegen seiner Kürze von kaum 90 Seiten ist der Roman außergewöhnlich. Er ist atmosphärisch dicht und so spannend, dass man atemlos mitfiebert. Im Kern lautet die Botschaft, dass ein solidarisches Miteinander sogar in einer Welt voller Brutalität und Gewalt, wie sie das russische Militär darstellt, möglich ist.
SP
Maylis de Kerangal:
„Weiter nach Osten“. Suhrkamp , 90 Seiten; 20 Euro,
★★★★★ Hervorragend