Lässt die Moral nicht siegen: Regisseurin Magdalena Fuchsberger. © Marcus Staab
Wird zur Zauberin gemacht: Alcina (Jennifer O’Loughlin) im Gärtnerplatztheater. © M.-L. Briane
Barock war einst eine Domäne der Bayerischen Staatsoper. Inzwischen hat aber auch das Gärtnerplatztheater ordentlich aufgeholt, dessen intimes Ambiente sich für dieses Repertoire geradezu anbietet. Am Freitag wird hier Händels „Alcina“ Premiere feiern. Inszeniert von Magdalena Fuchsberger, die damit ihr Debüt am Haus gibt. Ein Interview über Moral, und die Magie der Liebe und die Suche nach dem Rausch.
Sie haben zuletzt viel große Oper von Verdi bis Poulenc inszeniert. Wie geht es Ihnen jetzt bei der Rückkehr zum Barock?
Immer, wenn ich Barockopern inszeniere, spüre ich eine große Freiheit. Es sind ja meist sehr allgemeingültige Themen, die da verhandelt werden, losgelöst vom Zeitgeschehen. Barock ist schräg, queer und überbordend. Wahrscheinlich spricht es uns deshalb auch heute noch so an.
Trotzdem gelten gerade die großen Da capo-Arien mit ihren endlosen Wiederholungen als Herausforderung.
Ich bin eigentlich immer glücklich, wenn da wenig Text ist und viel Musik, weil mir das Spielraum gibt. Unser Dirigent Rubén Dubrovsky und ich haben viel diskutiert, da wir das Stück ein wenig kürzen mussten. Aber auch er meinte, dass wir lieber ganze Arien streichen, als anzufangen, in den Nummern zu kürzen. Da war ich sehr dankbar.
Wie nähert man sich diesen endlosen Arien, die gerne mal zehn Minuten dauern können?
Mich fasziniert vor allem das Psychologische. Auch wenn jemand einen Satz öfter sagt, kann sich der Gedanke dahinter schnell ändern. Gerade, wenn es um Liebesschmerz geht. Das kann dann auch zur Performance werden und einen manipulativen Charakter bekommen.
Wie halten Sie es bei dieser Zauberoper mit den magischen Momenten?
Für mich ist das eher die Kraft der Imagination. Alcina wird erst durch das, was andere in ihr sehen wollen, zur Zauberin gemacht. Wenn wir verliebt sind, wir sprechen ja auch davon, dass wir von einem Menschen verzaubert sind.
Und wie steht es mit dem Konflikt zwischen Christentum und Heidentum, der in der Vorlage von Ariost ja ein wichtiger Aspekt ist?
Das spielt bei uns keine Rolle. Ich wollte Alcina als Figur nicht dadurch entwerten, dass am Schluss die Moral siegt. Der Mann geht auf Kreuzzug und die Frau ist wieder nur die verführerische Venus, die dann im Orkus landet. So etwas will ich nicht erzählen. Für mich trifft hier das Dionysische auf das Apollinische. Wir alle suchen nach diesem Rausch, sehen uns aber auch wieder nach Stabilität und Ordnung für unser Leben.
Bei der Vereinigung zweier Welten müssen wir auch über den Tanz reden, der in „Alcina“ eine tragende Rolle spielt. Wie läuft die Arbeit mit Ballettdirektor Karl Alfred Schreiner?
Sehr gut! Wir reden ja immer gern davon, wie schön es wäre, mehr spartenübergreifend zu arbeiten. Aber es ist schon schwierig, weil es eine ganz andere Art des Probens ist. Tänzer wiederholen ihre Abläufe wieder und wieder, während ich von einer Sängerin nicht verlangen kann, ihre Arie zehnmal zu singen.
Hat es lange gedauert, einen gemeinsamen Arbeitsrhythmus zu finden?
Wir haben zunächst getrennt gearbeitet, uns aber natürlich immer wieder gezeigt, was beim anderen entstanden ist. Ab Woche drei haben wir die Ensembles dann zusammengebracht. Und es macht beiden Seiten wirklich extrem viel Spaß. Mittlerweile kann ich es mir gar nicht mehr anders vorstellen.
Wird es über die von Händel vorgesehenen Ballett-Einlagen hinaus noch weitere choreografische Elemente geben?
Im besten Fall soll es so ineinandergreifen, dass das Publikum in der Premiere gar nicht mehr groß darüber nachdenkt, wo die Regie endet und wo die Choreografie beginnt. Alcina steht also nicht einfach nur an der Rampe, während dahinter ihre Emotionen vertanzt werden. Aber wir haben uns, glaube ich, auch deshalb so gut verstanden, weil ich generell sehr körperlich mit meinen Sängerinnen und Sängern arbeite. Die leisten hier wirklich Hochleistungssport.
„Alcina“
Die Premiere am kommenden Freitag ist bereits ausverkauft. Weitere Termine im kommenden Monat: 2., 6., 8., 14. und 16. Februar.