Ob auf Papier oder auf Seidenstoff: Die Werke in der Ausstellung „Traces“ haben eine große Kraft. © Galerie Françoise Heitsch
Die Galeristin und die Künstlerin: Françoise Heitsch und Susanne Pittroff. © kjk
Tuschelandschaften, die ganze Assoziationsketten anstoßen: Die Künstlerin Susanne Pittroff hinterfragt in den Arbeiten, die nun in der Galerie Françoise Heitsch gezeigt werden, auch, wie sich Grenzen ständig verschieben. © Françoise Heitsch
Ein bisschen erinnert die schwarze Flecken-Landschaft an die griechischen Inseln. Liegt’s an der Sehnsucht nach Wärme und Sonnenschein, dass bei Susanne Pittroffs neuer Bilderreihe sofort Fernweh aufkommt? Auf den ersten Blick. Wer genauer hinschaut, erkennt feine silberfarbene Linien, die die Künstlerin über einigen der großen schwarzen Tuschelandschaften angelegt hat. Ein Koordinatensystem, plötzlich entstehen Assoziationen an Landvermessung, abzirkeln – ausgrenzen. Hoch aktuell sind diese Bilder. Und entsprechen damit ganz und gar dem Anspruch von Galeristin Françoise Heitsch, die Pittroffs Arbeiten jetzt zeigt. Heitsch sagt: „Ich erwarte von Kunst, dass sie mich klüger macht.“
Susanne Pittroffs Werke tun das verlässlich. Ihr künstlerisches Lebensthema? „Ich denke, da war immer die Auseinandersetzung mit der Frage: Wo stehe ich? Ein Nachspüren, was um einen herum und in einem selbst passiert.“
Wo stehe ich? Auf diese Frage wirft Susanne Pittroff die Betrachter auch in dieser Ausstellung zurück. Im Erdgeschoss der Galerie hängen die Tuschearbeiten auf Papier. Manche davon wirken wie unmittelbar aufs Blatt geworfen, ihr Glanz suggeriert, die Tinte sei noch feucht. Das lockt heran. Wie ist er entstanden, dieser „spontane Klecks“, wie Pittroff es nennt? Wie spontan ist er tatsächlich? „Halb, halb“, erklärt sie schmunzelnd. Meist arbeitet sie mit einer Pipette. Taucht sie in Tusche und spritzt dann damit auf das Papier. Hebt das Blatt an und lässt die Farbe laufen. „Der Anfang ist das Spontane, beim Fluss kann ich die Richtung etwas vorgeben.“
Einen Titel gibt sie diesen Arbeiten nicht, das würde den Blick zu sehr einengen. Ein jeder soll seine eigene Welt darin sehen. Und dann das Blatt am besten bei Kauf (die günstigsten liegen bei 800 Euro) nicht rahmen, nur durch eine Glasscheibe schützen. Denn so fein die Tuschearbeiten anmuten, sie sind von enormer Kraft, die jeden Rahmen sprengt.
Mit diesen Bildern im Kopf geht man die Treppe hinab ins Untergeschoss. Und betrachtet beeindruckt eine weitere Serie von Susanne Pittroff. Sie ist dazu einen Betonriss im Boden abgegangen, hat ihn fotografiert, die einzelnen Abschnitte gedruckt und Millimeterpapier-Linien eingezeichnet. Gedanklich ist man da wieder bei der Frage: Wo verlaufen die Risse durch unsere Gesellschaft, wie zerrissen bin ich selbst? Und: Wo stehst du?
KATJA KRAFT
Galerie Françoise Heitsch
Amalienstraße 19, München;
Mi. bis Fr. 14 bis 19 Uhr,
Sa. 12 bis 17 Uhr.