„Wirklich, ,Chasing Cars‘ ist von Snow Patrol?“ Fast jeder wird den Song aus dem Radio kennen, doch der Bandname dürfte nur bei wenigen im Gedächtnis geblieben sein. Vielleicht liegt es daran, dass die Radiohits von Snow Patrol vor allem Powerballaden waren – und die nordirische Band gleichzeitig immer im Schatten der großen Brüder von Coldplay und deren Stadion-Pop stand. Während diese aber auf ihrem neuen Album scheinbar ausprobierten, wie oft sich die Textzeile „lalala“ unterbringen lässt (384 Mal!), boten Snow Patrol im zuletzt auf „The Forest Is The Path“ ein facettenreiches Werk, das seine Wurzeln im Indie-Rock nie leugnete. Das ausverkaufte Zenith mit Fans irgendwo zwischen 30 und 65 begrüßt Snow Patrol mit warmem Applaus. Mit „Take Back The City“ und fulminanten Lichtshow-Projektionen auf der Leinwand hinter der Band geht es los.
Später senkt sich Dunkelheit über die Halle und die ersten Töne des Hits „Run“ erklingen. Als Sänger Gary Lightbody im Refrain „Light up, Light up“ singt, erhellt sich unvermittelt das Zenith durch gleißende LED-Strahler und verwandelt sich in eine Kathedrale des Lichts. Ein Moment voller Konzertmagie, dem sich kaum jemand entziehen kann. Als sich dann zum Abschluss die Fans zum Refrain in einem großen Chor vereinen, hat das Gänsehaut-Charakter.
Genauso zauberhaft geht es weiter: Im Anschluss senkt sich ein Vorhang vor die Band, auf den ein Projektor das Cover des aktuellen Albums spielt. Später ist ein Baum dargestellt, der Stück für Stück seine bunten Blätter im Wind verliert, die vor der Band herumwirbeln. Die Licht-Inszenierung ist wahrhaft gelungen und löst Begeisterung aus. Auffallend ist, wie angenehm bescheiden sich Snow Patrol zurücknehmen. Zwei Songs hinter einem Vorhang würden wohl nicht viele andere Bands spielen.
Natürlich erntet „Chasing Cars“ am meisten Jubel, und alle Hände recken sich in die Höhe. Doch auch kleine Perlen wie „Shut your Eyes“ werden textsicher mitgesungen. Besondere Stücke von einer besonderen Band, die auch im Zenith für ein wenig Stadion-Atmosphäre sorgt.
MICHAEL HELLSTERN