Neue Gegebenheiten: Pianist Ivo Pogorelich spielt erstmals in der Münchner Isarphilharmonie. © dpa
Unter den Stars der Klavierszene gilt Ivo Pogorelich als einer der großen Individualisten, der bei den großen Klassikern des Repertoires auch gerne mal mit Erwartungen bricht. Und so darf man durchaus gespannt sein, wenn der gebürtige Kroate sich morgen Abend in der Isarphilharmonie gemeinsam mit dem Jerusalem Symphony Orchestra dem zweiten Klavierkonzert von Sergej Rachmaninow widmet.
Nach Ihrem letzten Besuch im Prinzregententheater spielen Sie nun erstmals in der Isarphilharmonie. Wie sehr beeinflusst ein Saal Ihre Interpretation?
Ein erfahrener Musiker ist es gewohnt, sich auf unterschiedliche Gegebenheiten einzustellen. Ich denke, es betrifft vor allem die Wahrnehmung des Publikums. Das Prinzregententheater ist nicht nur wunderschön, sondern auch ein sehr intimer Raum. Die Nähe macht es dort leichter, die Aufmerksamkeit der Menschen zu fesseln. Aber ich freue mich auch schon darauf, jetzt die Isarphilharmonie zu erkunden.
Sie arbeiten diesmal mit Dirigent Julian Rachlin. Wann und wie haben Sie sich kennengelernt?
Ich habe Julian zuerst als Kammermusiker im Konzert erlebt und halte ihn für einen großartigen Künstler, der genau weiß, was es braucht, um Musik lebendig werden zu lassen. Bis jetzt sind wir aber noch nie gemeinsam aufgetreten. Weshalb ich umso gespannter bin, was wir nun zusammen bei Rachmaninow entdecken.
Erinnern Sie sich noch an Ihre erste Begegnung mit seinem zweiten Klavierkonzert?
Ich war 15 und noch Schüler, als ich das Stück lernen sollte. Damals hatte ich das Gefühl, dass es noch zu früh für mich war. Aber als ich dann in die Musik eingetaucht bin, wusste ich, dass sie mich nie wieder verlassen wird. Es ist so, als würde man in einem wilden Fluss schwimmen. Am Anfang hat man Angst und wartet auf den richtigen Moment, um hineinzuspringen. Aber wenn man sich einmal getraut hat, dann…
Rezensenten haben Ihre Interpretationen oft als „polarisierend“ beschrieben. Gleichzeitig fällt aber immer wieder auch das Wort „ehrlich”. Wie findet man die richtige Balance?
Mein Ziel ist es, immer mein Bestes zu geben und den Respekt vor dem Komponisten zu bewahren. Gleichzeitig versuche ich aber auch eine Tür aufzustoßen, um den Reichtum und die Schönheit der Musik noch tiefer zu ergründen. Es ist so, als würde man einen alten Freund treffen, der ein wenig schlauer ist als man selbst. Man kennt sich, weiß aber nie, wohin das Gespräch führen wird.
Sie haben schon früh neue Medien genutzt und eng mit der Streamingplattform IDAGIO zusammengearbeitet. Wie wichtig sind solche Kanäle für die Interaktion mit den Fans?
Die Technik ändert sich, aber die Qualität und Ehrlichkeit der Musik muss erhalten bleiben. Meine Priorität liegt bei Live-Konzerten, in denen ich das Publikum spüren und Risiken eingehen kann. Egal, wie sehr wir uns technisch entwickelt haben, die Menschen sehnen sich immer noch nach Gemeinschaft. Für mich ist es die Magie des Augenblicks, die das Leben lebenswert macht.
Ivo Pogorelich
und das Jerusalem Symphony Orchestra konzertieren morgen (Mittwoch) um 20 Uhr in der Isarphilharmonie, Restkarten online über München Musik.