Zurück auf einer Münchner Bühne: Genija Rykova. © J. Heyd
Blitz, Knall – Dunkelheit: So realistisch wie effektvoll wird der klassische Kurzschluss simuliert an einer Deckenlampe im Café des Metropoltheaters. Aber das Stück von Noa Lazar Keinan, das dort inmitten der voll besetzten Tische über eine kleine Drehbühne geht, heißt ja „Kurzschluss“ – und natürlich ist dieser Titel auch bildlich zu verstehen. Denn nicht nur elektrotechnisch brennen beim Elternpaar David und Neta schon mal die Sicherungen durch.
Etwa wenn Söhnchen Leonhard (5) den Schlüssel vom absperrbaren Tagebuch seiner Schwester Ida (9) verschluckt, und das noch mitten im Stau auf der Autobahn. Zumal der kleine arme Schlucker ja wegen „repetitiver Sprachmuster“ auch von Experten die Diagnose bekam, dass er „im autistischen Spektrum“ angesiedelt sei, sodass die beflissene Neta ständig unter Strom steht. Helfen könnte da allenfalls der „Superdoktor“ – so heißt nämlich der Kinderbuch-Bestseller, den David geschrieben hat.
„Kurzschluss“ ist also eine gut gebaute Allerweltskomödie aus der Rubrik „Der ganz normale Familienwahnsinn zwischen Kita und Beziehungsknatsch“. Solche Texte stehen und fallen mit den Schauspielern, und diesbezüglich kann man Philipp Moschitz’ amüsante Inszenierung mit zwei Spitzendarstellern als funkensprühenden Glücksfall verbuchen: Bijan Zamani ist der knuffige Papi von nebenan, ein „guader Lapp“, wie man auf Bairisch sagt, der in das ganze Familienschlamassel freudig und freiwillig reingerasselt ist, ehe er recht wusste, wie ihm geschieht. Freuen darf man sich aber speziell auch, weil für die weibliche Hauptrolle Genija Rykova wieder einmal nach München zurückgekehrt ist, wo sie einst am Residenztheater das Publikum begeistert hatte. Sie gibt die hysterisch angehauchte Helikoptermutti, die von ihren eigenen Perfektionsansprüchen überfordert ist. Verständlich, dass sie in einer Kurzschlusshandlung eine Nacht lang ausbüxt: um endlich wieder einmal ganz allein zu sein, mietet sie sich für 2000 Euro (Frühstück inbegriffen!) die Präsidentensuite im „Top Spot Hotel“. Was sie aber natürlich nicht genießen kann, weil sie dabei furchtbare Gewissensbisse plagen.
Komisch ist der Abend auch, weil für kleine Textpassagen der Kinder, Großeltern und anderer Nebenfiguren kurzentschlossen Zuschauer engagiert werden. Ja, gelegentlich dürfen wir sogar alle im Chor mitsingen. Spätestens das hätte elektrisierend aufs Publikum gewirkt, wenn der Funke nicht schon längst übergesprungen gewesen wäre. Langer, tosender Applaus.
ALEXANDER ALTMANN
Nächste Vorstellungen
am 1., 2., 4., 10. und 14. April;
Telefon 089/32 19 55 33.