„Tosca“ geht immer

von Redaktion

Daniel Harding dirigiert Puccinis Thriller

Eleonora Buratto in der Münchner „Tosca“. © W. Hösl

Ein aussterbendes Verkaufsmodell. Operngesamtaufnahmen abseits des Barock lassen sich kaum mehr finanzieren. Es sei denn, die Plattenfirma setzt auf diesen Dreiklang: Blockbuster (hier „Tosca“), Exklusivkünstler (Tenor Jonathan Tetelman) und Zeitersparnis (Mitschnitt von konzertanten Aufführungen). In Rom, beim Orchester der Accademia di Santa Cecilia, wird das seit der Ära des früheren Chefdirigenten Antonio Pappano gepflegt. Nachfolger Daniel Harding wählte im Oktober 2024 zum Amtsantritt besagten Puccini-Thriller, der auch noch in der Ewigen Stadt spielt. Was sollte da schiefgehen?

Im Falle der Titelheldin nichts. Eleonora Buratto ist die derzeit führende Tosca, das hat nicht zuletzt vor einem knappen Jahr die Premiere an der Bayerischen Staatsoper gezeigt. Wie sich eine ehemals Lyrische klug das dramatische Fach erobert, wie sie ein tiefenscharfes, vielbödiges Vokalporträt ohne emotionale Überspannung und mit Kontrolle zeichnet, das macht ihr so schnell keine nach. Ausgerechnet Jonathan Tetelman fällt dagegen ab. Klar, da ist ein Tenor, der sich mit dem nötigen Machismo in die Partie des Cavaradossi wirft. Die Stimme klingt attraktiv, energiereich, in Extremlagen auch überreizt. Trotz aller Vehemenz bleibt alles merkwürdig eindimensional – vielleicht braucht Tetelman doch eine szenische Lösung. Ludovic Tézier kommt ohne Opernbühne aus. Man muss seinen Scarpia nur hören und weiß alles über die fiesen, aber auch erotischen Seiten des römischen Polizeichefs.

Daniel Harding dirigiert einen Puccini der Vollrahmstufe. Etwas diffus im Klang und zuweilen bleiern in den Tempi. Die Tugenden der Accademia, die sie unter dem Theatertier Pappano entwickelte, sind nur passagenweise zu hören. Was unterm Strich aber nicht so ins Gewicht fällt: „Tosca“, diese perfekt gebaute Oper, funktioniert ja irgendwie immer.
MARKUS THIEL

Puccini:

„Tosca“. Orchestra dell‘Accademia Nazionale di Santa Cecilia, Daniel Harding (Deutsche
Grammophon).

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