Sex, Sucht und Tanz-Ekstase in den Neunzehnhundertzwanzigern will Steffen Schroeder (ja, der Schauspieler) mit seinem neuen Roman nun in den aktuellen Zwanzigern für uns nachfühlbar machen. Das gelingt nur zum Teil. Aber seine gute Recherche – ob über die Unterhaltungsbranche, über Berühmtheiten wie Otto Dix oder Stummfilmtechniken – sowie sein literarischer Zugriff auf den Stoff werden zum Gewinn für die Leserschaft. Der Autor hält sich an die historische Anita Berber (1899-1928), deren Tanzstil, weit weg von Tutu und Spitze, legendär ist: expressiv, verrucht, faszinierend. Erzählt wird ihr Leben zwischen Film und Bühne, Erfolgen und Skandalen samt enttäuschender Beziehungen zwar chronologisch, allerdings wird der Ablauf vom Ende her immer wieder unterbrochen: Die Sterbeszenen („galoppierende Schwindsucht“) verdichten den Blick auf das explosive Leben einer Frau, die die Weiblichkeits-Schablonen sprengte.
SIDA
Steffen Schroeder:
„Der ewige Tanz“. Rowohlt, 301 Seiten; 24 Euro.
★★★★☆ Lesenswert