Ergreifend und beseelt

von Redaktion

Die Münchner Philharmoniker und ihr Chor mit Ravel, Poulenc und Martin

Ohne dem großen Johann Sebastian Bach zu nahe treten zu wollen, aber es muss zu Ostern nicht immer die Matthäuspassion sein. Natürlich haben seine Meisterwerke um diese Jahreszeit Hochkonjunktur.

Aber alternative Farbtupfer im Konzertkalender tun nicht nur dem Publikum gut, sondern auch den Musikerinnen und Musikern, die damit aus der Routine gerissen werden. Und so schlug man bei den Münchner Philharmonikern am Donnerstagabend nun eine frankophone Route ein.

Wobei diesmal tatsächlich der Philharmonische Chor an erster Stelle genannt werden muss. Denn neben dem transparent musizierten „Tombeau de Couperin“ von Maurice Ravel stand mit Francis Poulencs „Figure humaine“ hier auch ein A-cappella-Werk auf dem Programm, bei dem es kein Verstecken gab. Und ja, es war durchaus zu hören, dass es der Komponist den Ausführenden nicht immer leicht macht. Das verlieh diesem 1943 entstandenen Appell an die Menschlichkeit jedoch beinahe eine umso größere Dringlichkeit, wodurch sich das Stück perfekt in den aktuellen philharmonischen Themenschwerpunkt zum 80. Jahrestag der Befreiung eingliederte. Genau wie auch das Oratorium „In terra pax“ von Poulencs Schweizer Kollegen Frank Martin, das 1945 am Abend vor der offiziellen Kapitulation HitlerDeutschlands erstmals im Radio ausgestrahlt wurde und leider nichts an Aktualität eingebüßt hat. Dirigent Alain Altinoglu wusste hier die im ersten Teil vertonten Schreckensbilder des Krieges ebenso plastisch einzufangen wie die langsam in der Partitur aufkeimende neue Hoffnung. Tatkräftig unterstützt wurde er dabei von einem durchwegs muttersprachlichen Solo-Quintett aus dem neben dem markant auftrumpfenden Stéphane Degout vor allem Sopranistin Véronique Gens und Tenor Léo Vermot-Desroches herausstachen. Der ergreifendste Moment in der Isarphilharmonie gehörte aber zweifellos auch hier erneut dem Philharmonischen Chor, der sich im beseelt intonierten „Vater unser“ von seiner besten Seite zeigte.
TOBIAS HELL

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