Rainhard wärmt die Herzen

von Redaktion

Nostalgisch, ohne gestrig zu sein: Fendrich in der Münchner Olympiahalle

Bei ihm wurde Schweres schon immer ganz leicht – so auch jetzt, beim Konzert von Rainhard Fendrich in der Münchner Olympiahalle. © Martin Hangen

Es gibt Konzerte, die sind wie ein Rausch. Und dann gibt es wieder welche, die sind wie eine Umarmung. Am Ende, als die Fans in der Olympiahalle die Handylichter schwingen wie früher die Feuerzeuge, da ruft Rainhard Fendrich ihnen zu: „Seid ihr glücklich?“ Und die Antwort schwappt wie eine brausende Welle zu ihm rauf. Ja, natürlich sind sie das. Wie könnten sie nicht glücklich sein nach der wärmenden Reise ins Werk und ins Herz dieses Mannes.

Fendrich, der letzte Große des Austropop, ist gerade 70 geworden und würde er am Anfang nicht, warum auch immer, auf die Bühne hinken, man merkte ihm das Alter nicht an. Das Leben, seine Karriere, die nun schon 45 Jahre dauert, für ihn kaum mehr als ein Wimpernschlag. Fendrich feiert all das mit seiner Jubiläumstour. Und wie soll man sagen: Es ist ziemlich gut.

Schon das ein Kunstgriff: Seine Zeitreise ist nostalgisch, ohne gestrig zu sein. Und so singt er mit dieser wunderbar feinen Ironie, die es nur dort gibt, über die „faszinierende alte Lady“ Wien bei Nacht. Über den Macho und natürlich das Herz, das weit ist wia a Bergwerk. Und immer wieder wirft er Songs aus seinem neuen Album dazwischen, das klug und tief und humorvoll und manchmal traurig ist. Ab geht’s mit dem „Nachtzug nach Jesolo“ und in die (Telefon-)„Warteschleife“, die einzige weltweit, in der man keine Lebenszeit verschwendet. Und spätestens als er, für den das Wort Pop immer schon zu eng war, den Song „Wimpernschlag“ in den Saal haucht, sitzt keiner mehr auf seinem Stuhl.

Dass ihm das Herz offenbar a bissl schwer geworden ist, liegt nicht am Alter. Sondern an der Gegenwart, in der sich alte Schatten wieder aufbäumen. Niemand hat seine Heimat so besungen wie er, „I am from Austria“, das Lied längst eine Hymne. Lange ließ er sie ruhen. Aber jetzt, sagt er sanft in den schwelgenden Saal, jetzt singt er sie erst recht. „Weil die Zeit danach ist und weil ich sagen will: Man kann seine Heimat auch lieben, ohne andere zu hassen.“ München ist einverstanden – und plötzlich ist die ganze Halle from Austria.

Fendrich sei so politisch wie nie, heißt es, da ist was dran. Aber bei ihm wurde auch Schweres schon immer ganz leicht und so ist es auch an diesem Abend. Mühelos schafft er es, etwas aus jener Zeit hinüberzuretten, in der die Welt noch zusammenwuchs und die „Strada del Sole“ eine Verheißung war. Er war übrigens in seinem ganzen Leben noch nie dort, sagt er. „Das Lied hab’ ich geschrieben im Salzkammergut.“ Erst als ihn die Halle dreimal zurückapplaudiert hat auf die Bühne, entlässt Rainhard Fendrich die Fans aus seiner Umarmung. Wobei, so ganz löst sie sich nie.
MARCUS MÄCKLER

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