„Wir wollen damit nicht provozieren“: umstrittener Slogan für die Premiere der Oper „Fürst Igor“. © privat
„Mit Leidenschaften ist nicht zu spaßen“: Dieses Zitat von Luigi Pirandello hat Intendant Josef E. Köpplinger als Motto für die nächste Saison gewählt. © Markus Tordik
Nur ein paar Minuten sind ins Land gegangen, da wird der Intendant emotional. Eine besondere Art der Verbotskultur wird von ihm kritisiert, unter der auch die Theater leiden müssten – mit der Diskussion um kulturelle Aneignung hat das zu tun. Josef E. Köpplinger ist nicht gerade verdächtig, auf der rechts-schwarzen Seite des politischen Spektrums zu stehen, aber irgendwann geht die Sache für ihn zu weit: „Ich als schwuler Mann darf auch eine blinde, lesbische Chinesin darstellen.“ Alles andere bewege sich im Bereich der Zensur.
Oper über ein Stück von Peter Turrini
Ernste Worte, dabei dürfte in der nächsten Spielzeit am Gärtnerplatz das Zwerchfell wieder ausreichend beschäftigt sein. Alle Sparten werden mit entsprechenden Premieren bedient, nur beim Musical gibt es keine Neuproduktion. Köpplingers Begründung: Für den ständig ausverkauften Blockbuster „Les Misérables“ erhalte man die Rechte nur saisonweise. Und solange man diese bekomme, fokussiere man sich auf dieses Stück – neben anderen Produktionen, die sich im Repertoire befinden. „Les Misérables“ wird wieder ab 21. September gezeigt. Die Terminwahl hat auch einen Hintergrund: Zur Wiesn-Zeit klagen alle Veranstalter traditionell über eine schwache Nachfrage, mit dem Hit dürfte das Haus diesem Trend entgegenwirken.
Bei den Auslastungszahlen fehlt nicht mehr viel zur 100-Prozent-Marke, derzeit meldet Münchens Volksoper 98,44 Prozent. In Sachen Einnahmen und Quote legt das Haus laut Köpplinger eine Rekordsaison hin. Vielleicht nimmt auch deshalb der Mut zu: Auf Peter Turrinis Theaterstück „Der tollste Tag“, eine Variation von Mozarts „Figaro“ und der Vorlage von Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais, schreibt Johanna Doderer eine Oper. Uraufführung ist im kommenden Oktober. Der Hausherr führt Regie, Michael Brandstätter dirigiert. Letzte Premiere der Spielzeit ist ebenfalls eine Oper der Moderne: „Der Besuch der alten Dame“, hier komponierte Gottfried von Einem die Musik zu Friedrich Dürrenmatts Vorlage. Regie führt Puppenkünstler Nikolaus Habjan, Michael Balke dirigiert.
„Mit Leidenschaften ist nicht zu spaßen“ ist das Motto der nächsten Saison. Musikalisch kann es dabei auch heftig werden, Ballettchef Karl Alfred Schreiner nutzt das für „Rock to Heaven“, einen Abend mit drei Choreografien. Und zu oft sorgen Leidenschaften für Verheerendes, die Kriegsoper „Fürst Igor“ von Alexander Borodin erzählt davon. Roland Schwab setzt sich in den Regiestuhl, Chefdirigent Robén Dubrovsky steht am Pult.
Ausgerechnet bei diesem Stück schießt das Gärtnerplatztheater etwas übers Ziel hinaus. Bekanntlich wirbt man seit Jahren für seine Produktionen mit frechen, witzigen Sprüchen, die auch auf Plakaten zu lesen sind. In Zeiten des russischen Feldzugs gegen die Ukraine oder die blutigen Auseinandersetzungen in Nahost wählte man für „Fürst Igor“ ausgerechnet den Spruch „Krieg dich ein“. Im Vergleich zu den anderen Slogans („Grüezi mit Grauen“ beim „Besuch der alten Dame“ oder „Liebe bis der Arzt kommt“ bei „La traviata“) ist davon auszugehen, dass auch „Krieg dich ein“ auf einen ähnlichen Ton zielt. Eine Geschmacklosigkeit? Köpplinger verneint. Man wolle nicht provozieren, sondern zum Nachdenken anregen, auch darüber, warum und wie Kriege entstehen.
In der kommenden Spielzeit ist das Gärtnerplatztheater auch international vertreten. Im Frühjahr 2026 geht das Orchester mit Dirigent Michael Balke auf eine Japan-Tournee. Daheim gibt es drei Konzerte unter Rubén Dubrovsky, beim neuen Münchner Bachfest ist man auch vertreten. Sangesfreudige sollten sich den 5. Dezember notieren. Schon mehrfach wurden „Sing-along-Abende“ veranstaltet, etwa beim „Weißen Rössl“. Nun sind Weihnachtslieder dran: Beim „Christmas-sing-along“ kann sich das Publikum mit Musikerinnen und Musikern aufs Fest einstimmen.
MARKUS THIEL