Er haut die Kohle kistenweise raus – oder? Pascal Breuer als Lottogewinner in „Nein zum Geld“. © Dietrich Dettmann
„Money, Money, Money“ singen Abba, als sich der Vorhang öffnet. Der Hit gibt den Takt für den Abend vor: Es geht ums Geld, genauer gesagt um das Haben oder Nicht-Haben desselben. Verändert es den Charakter? Beeinflusst es Partnerschaften und Familie? Natürlich, von der obszönen Macht des Geldes wissen wir alle.
Egal ob man nun zu viel oder zu wenig davon besitzt – die Folgen spüren wir jederzeit und überall. Auch Richard (Pascal Breuer), frischgebackener Vater, der zu Beginn dieses charmanten Abends in der Komödie im Bayerischen Hof noch glücklich „Ich liebe das Leben!“ ruft. 162 Millionen Euro hat er im Lotto gewonnen. Vor zwei Monaten schon. Seitdem überlegt er, ob er den Gewinn abholen soll. Oder lieber nicht. Aus Sorge, diese Summe könnte sein bislang zwar bescheidenes, aber sehr glückliches Leben mit Frau Claire (Dorkas Kiefer), Baby, Mutter Rose (Kathrin Ackermann) und Kollege Etienne (Sebastian Goder) drastisch verändern. Nun hat Richard die Entscheidung getroffen, den Lottoschein zu zerreißen. Dies möchte er in fröhlicher Runde und einem Gläschen Schampus kundtun. Er erwartet jubelnde Anerkennung dafür, sich nicht durch den schnöden Mammon korrumpieren zu lassen.
Die auf das Geständnis folgende Fassungslosigkeit und das lautstarke Entsetzen seiner engsten Vertrauten gerät in René Heinersdorffs präziser Regie zu einer der besten, griffigsten Szene des Dramas „Nein zum Geld“. Die französische Autorin Flavia Coste hat diese fluffig-federleichte Farce über ein gewichtiges Thema geschrieben, das Goethe schon den verzweifelten Ausruf „Am Golde hängt. Zum Golde drängt doch alles. Ach wir Armen!“ schreiben ließ.
Seit 2017 tourt die flotte Boulevardkomödie durch Europa und funktioniert überall genauso erfolgreich, weil sie das Publikum im Saal für zwei Stunden zum Überprüfen des eigenen Standpunkts zwingt. Schließlich hat auch Richard stichhaltige Argumente, mit denen er in der aufgeregten Diskussion punkten kann. Die Fragen, was man selbst mit dieser kaum noch vorstellbaren Menge Geld anstellen könnte und was man eigentlich alles tun würde, um in den Besitz einer derart üppigen Summe zu kommen, wabern wie watteweiche Wolken durch das Parkett der Komödie.
Denn wirklich ernsthaft verhandelt werden die gesellschaftskritischen Aspekte natürlich nicht. Der besondere Reiz des eher handlungsarmen, sehr dialoglastigen Screwball-Stücks besteht in erster Linie in dem permanenten Wechsel der Allianzen. Und bei der Münchner Premiere natürlich im fabelhaft aufspielenden Ensemble: Aus diesem bleiben allein der besseren Pointen wegen besonders Kathrin Ackermann als männerverschlingende Oma und Sebastian Goder als vom Pleitegeier gerupfter Chef im Gedächtnis.
ULRIKE FRICK
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bis 29. Juni;
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