Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Was das angeht, ist Bayern zum Glück nach wie vor mit einer reichen Orchesterlandschaft gesegnet, in der München eben nicht allein der musikalische Nabel ist. Einen freundschaftlichen Austausch pflegt etwa das BR-Symphonieorchester mit den Kolleginnen und Kollegen der Bamberger Symphoniker. Weshalb die Franken nun wieder einmal im Rahmen der Abo-Reihe in der Isarphilharmonie zu erleben waren.
Ein mehr als besonderer Abend, an dem die Stille zum integralen Bestandteil wurde. Denn für „The unanswered Question“ von Charles Ives hatte Dirigent Jakub Hrusa die Streicher hinter die Bühne verbannt: als ferne Ahnung, die zum konzentrierten Zuhören zwang. Einfach zurücklehnen können sich bei ihm weder Publikum noch Orchester.
Das war auch dem melodieseligen Korngold-Violinkonzert anzumerken, dessen Finale selten so sehr nach slawischem Tanz geklungen hat wie hier. Quasi als Erinnerung, dass der Komponist trotz großer Hollywood-Karriere eben auch mit Hrusa den Geburtsort Brno teilt. Für Solistin Bomsori Kim war der Dirigent dabei weniger ein Begleiter, sondern vielmehr ein Kollege, der sie durchaus herausforderte und dem expressiven Spiel der Koreanerin zarte Kontrastfarben entgegensetze.
Zum unumstrittenen Höhepunkt des Abends wurde die Symphonie Nr. 11 von Dmitri Schostakowitsch. Ein weiteres Werk, das Jakub Hrusa aus der Stille heraus entwickelte, die im ersten Satz immer mehr zum eindringlichen Flehen heranwuchs. Schostakowitsch thematisiert hier einen blutig niedergeschlagenen Aufstand des russischen Volkes gegen den Zaren im Jahr 1905. Trotzdem ließen die brutalen, von den Bambergern aber dennoch stets klar strukturierten Attacken in dieser Lesart wenig Zweifel daran, dass hier im Grunde jedes Regime gemeint sein kann, dessen Macht auf Gewalt und Unterdrückung basiert. Was dem trauerumrandeten dritten Satz eine zusätzliche Fallhöhe und dem Finale eine besondere Dringlichkeit verlieh.
TOBIAS HELL