AUSSTELLUNG

Auf den Bus geklopft

von Redaktion

„Merci Maman“ im Museum Fünf Kontinente

Voller Hingabe und mit viel Liebe werden die Sotrama-Busse gepflegt, hier ein Exemplar mit Bob-Marley-Darstellung, ausgeführt vom malischen Künstler Drissa Konaté. © Monique Dena

Wieder einmal steht ein bei uns weitgehend unbekanntes afrikanisches Land im Fokus einer spannenden Ausstellung im Museum Fünf Kontinente: Die Schau „Merci Maman“ befasst sich ganz allgemein mit zeitgenössischer Straßenfotografie in Mali und im Besonderen mit der großartigen Erfindung der farbenprächtig gestalteten Sotramas. Wie kein anderes Verkehrsmittel prägen die knallbunt bemalten Kleinbusse vorwiegend deutscher Provenienz das Bild der Straßen in Bamako, der Hauptstadt des Landes.

Im Gegensatz zu den vorherigen Veranstaltungen des Museums mit Afrika-Schwerpunkt fertigten diesmal nicht europäische Künstlerinnen und Künstler die Bilder an. „Merci Maman“ zeigt, obwohl in Zusammenarbeit mit dem in Mali und München lebenden Journalisten und Fotografen Jonathan Fischer kuratiert, einmal nicht den Blick aufs letztlich immer fremd bleibende Afrika. Sondern ausschließlich Arbeiten des malischen Foto-Kollektivs Yamarou. Die von Seydou Camara gegründete Künstlergruppe hat sich zur Aufgabe gemacht, den Alltag um sich herum und das Zusammenleben der Menschen in Mali fotografisch festzuhalten.

Ihre bestechend scharfen, stets mit einem liebevollen Augenzwinkern erstellten Aufnahmen vermitteln einen guten Einblick in die Lebenswirklichkeit einer pulsierenden, quirligen und chaotisch anmutenden Großstadt wie Bamako. Gleichzeitig wollen sie die Kunst der Fotografie für jedermann zugänglich machen. Neben der Umsetzung eigener Projekte fördern die Yamarou-Mitglieder, selbst alle im Alter zwischen dreißig und vierzig, interessierte junge Menschen künstlerisch, bieten Workshops an und versuchen dadurch, den Blick der Jüngeren auf ihre Umgebung zu schärfen – und einzufangen.

Die Bilder im Museum Fünf Kontinente an der Maximilianstraße, von Camara, seinen Kolleginnen Monique Dena und Anna N’Diaye sowie den Kollegen Abdoul Karim Diallo und Sidiki Haidara erstellt, drehen sich daher einmal nicht um das Elend dieses kriegs- und korruptionsgebeutelten, ärmsten Landes der Welt. Camara und seine Gruppe wollten in München zeigen, was den Alltag wirklich aller Menschen in Mali bestimmt und gleichzeitig auch den ernüchternden Nachrichtenmeldungen über Tod und Leid einmal etwas Positiveres aus ihrer Heimat entgegensetzen. So kamen sie schnell auf das Thema Sotrama. Die Fahrzeuge, vorwiegend in Deutschland längst ausgemusterte Mercedes Benz T1 207 oder 208-Modelle, sind das beliebteste und kostengünstigste Transportmittel in der am schnellsten wachsenden Metropole des afrikanischen Kontinents.

Humorvolle Sicht auf die Welt

Der Spitzname der Kleinbusse leitet sich von der 1978 gegründeten „Societé du Transport Mali“ ab. Die Sotramas werden von ihren Besitzern voller Hingabe gepflegt und fantasievoll gestaltet. Kein Fahrzeug gleicht dem anderen. Neben den Landesfarben Rot, Gelb und Grün leuchten die Karosserien aber auch in den originellsten Ornamenten und Motiven. Wer oder was gerade modern ist in Mali – an den Fahrzeugen lässt es sich ablesen. Die Busfahrer schmücken ihre Sotramas mit Lebensweisheiten, Zitaten oder Schlagerzeilen. Der Dank an die eigene Mutter („Merci Maman“) findet sich direkt neben dem Konterfei des liebsten Hip-Hop-Stars. Flaggen von Großbritannien, Russland und Jamaika – auf dem uralten, immer wieder neu zurechtgedengelten Mercedes-Blech passt das perfekt zusammen.

Auch die Porträts von Bob Marley und Che Guevara erscheinen neben den Trickfiguren Tom und Jerry keineswegs als Widerspruch. Denn die malische Sicht auf die Welt ist – wohl angesichts der Dauerkrise im eigenen Land – immer eine versöhnlich-humorvolle, freundliche und vor allem unerschütterlich optimistische. Bekanntester Bus-Maler Malis ist Drissa Konaté, dessen Werdegang ebenfalls auf einer Schautafel genauer vorgestellt wird. Seine originellen Werke haben längst geschafft, worum sich das Foto-Kollektiv Yamarou noch bemüht: „Kunst dort stattfinden zu lassen, wo es weder Galerien noch Museen gibt“.
ULRIKE FRICK

Bis 16. November,

Di. bis So., 9.30 bis 17.30 Uhr, museum-fuenf-kontinente.de

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