Der Fotograf Anton Corbijn hat viele Rockstars ins grobkörnige Schwarz-Weiß-Licht gesetzt: U2 und Kurt Cobain, Mick Jagger und PJ Harvey. Eine seiner markantesten Arbeiten porträtiert allerdings kein berühmtes Gesicht, sondern nur eine Hand. „John Lee Hooker’s Hand“ von 1994 zeigt die Innenseite der Pranke des Blues-Veteranen. Kurze, starke wurzelartige Finger spreizen sich von einem faltigen Ballen, in den, so glaubt man, ein entbehrungsreiches Leben sich eingeschrieben hat. Das Bild ist natürlich eine Inszenierung – aber diese Hand wirkt eben, wie für die Musik des Mannes geschnitzt. Ungehobelt, ohne Filter, ein nackter Fels. Die Entsprechung dazu ist „Don‘t turn me from your Door“, Hookers Album von 1963, das von Speakers Corner wieder aufgelegt wurde. Der Gitarrist vom Mississippi prescht unerbittlich durch den Boogie „Pouring down Rain“, schleppt sich durch die unversöhnliche Klage „You lost a good Man“, deklamiert eher, als dass er singt, und braucht in „Misbelieving Baby“ gar keine Worte. Hier sind keine bekannteren Hooker-Songs vertreten, trotzdem ist dies ein exemplarisches Album des Rabauken: kein Schönklang, keine Virtuosität, dafür unerreichte Ausdruckskraft. Die knorrige Hand eines zornigen Gottes.
LÖ
John Lee Hooker:
„Don’t turn me from your Door“ (Atco/Speakers Corner).
★★★★★ Hervorragend