Heute hat er gut lachen: John Fogerty im April 2025. © dpa
Soll man John Fogerty nun bemitleiden oder beglückwünschen? Er hat in seiner Karriere weiß Gott genügend Nackenschläge eingesteckt und auch falsche Entscheidungen getroffen – aber als Chef von Creedence Clearwater Revival und Solo-Künstler hat er eben dutzende noch heute weltbekannte Hits geschrieben und gesungen. „Hey tonight“, „Have you ever seen the Rain“ und „Bad Moon rising“ laufen noch heute im Radio rauf und runter. In jedem Fall also: Glückwunsch an den Rocker, der an diesem Mittwoch 80 Jahre alt wird.
Das größte Glück des Mannes aus Berkeley, Kalifornien, ist wohl, dass er nach der Musterung Mitte der Sechziger nicht in den Vietnamkrieg ziehen musste, sondern nur als Reservist diente – dafür deutlich länger. Als ihm klar wurde, dass er noch fünf Jahre vor sich hatte, begann Fogerty, seine Tauglichkeit zu sabotieren. Magerte ab, rauchte Marihuana vor einer psychologischen Untersuchung, fiel durch Kleinkriminalität auf. Man entließ ihn Mitte 1968. Seinen ersten Hit „Proud Mary“ schrieb er zwei Tage danach.
Das war mal ein cleverer Schachzug. Doch ansonsten sollten junge Rockmusiker von Fogerty lernen, wie man es besser nicht macht – und dass man sich auch verdammt viel Pech und Schienbeintritte einhandeln kann.
Im Schnelldurchgang: Als die Band 1964 unter Vertrag genommen wurde, benannte die Plattenfirma sie zu ihrem Entsetzen in Golliwogs um. So hieß eine britische Kinderbuchfigur, und englische Bands waren gerade in Mode. Dass mit diesem Namen kein Blumentopf zu gewinnen war, schien nicht zu stören. Später – man nannte sich nun hippiemäßig kompliziert Creedence Clearwater Revival – ließ sich John Fogerty, der Sänger und Hauptsongwriter, über den Tisch ziehen. Zwar war das Quartett, zu dem auch Johns Bruder Tom gehörte, enorm erfolgreich: Sieben Platten und ein Dutzend Single-Hits haute es von 1968 bis 1972 raus. Von den eingespielten Millionen sahen sie allerdings nichts, da ihr Vertrag nur die Kosten der Tourneen sowie Spesen umfasste. Das Label besaß die Rechte an Fogertys Songs. Das sollte bis in die Achtzigerjahre dafür sorgen, dass die Firma ihm untersagte, seine eigenen Hits live zu spielen, und ihn wegen Plagiats seiner selbst vor Gericht brachte. Erst im Jahr 2023 verkündete er, dass er die Rechte zurückhabe. Ein weiterer verheerender Fogerty-Move: CCR waren als Zugpferd für das Woodstock-Festival 1969 verpflichtet – mussten aber mitten in der Nacht spielen. Im Regen und nachdem die Hippie-Rocker Grateful Dead das bekiffte Publikum eingelullt hatten. Fogerty sorgte dafür, dass die Show nicht im Dokumentarfilm und auf dessen Soundtrack vertreten war – die sich als Verkaufsschlager entpuppten. Was zur Folge hatte, dass später viele nicht mal wussten, dass die Band bei Woodstock dabei war. Genauso wenig, dass „Rocking all over the World“ eigentlich Fogertys Song ist (den Erfolg hatten Status Quo mit ihrer Version). Mit der Band und Bruder Tom zerstritt er sich.
Und dennoch: Fogerty hat mit seinen Liedern US-amerikanische Chroniken geschaffen, getarnt als eingängige, bluesbasierte Bonbons. In „Fortunate Son“ kritisierte er den Vietnamkrieg, bei „Proud Mary“ hört man den Raddampfer auf dem Mississippi stampfen, „Bad Moon rising“ kleidet die Apokalypse in fröhliche Töne. Heute hilft der sechsfache Vater seiner Enkelin bei Highschool-Projekten, nimmt mit seinem Sohn auf – und mischt sich politisch gerne mal ein: So zeichnete er Donald Trump in einem Song als durchgeknallten Pharao. „Mit Worten kann man Berge versetzen“, sagte er einst. Das hat er nicht immer geschafft, aber doch mehr als einmal. Also: Glückwunsch, John Fogerty!
JOHANNES LÖHR