In Marco Goeckes „Devil‘s Kitchen“ ist jede Bewegung doppelt schnell und dreifach knifflig. © Marie-Laure Briane
Der schiere Wahnsinn: Marco Goeckes „Devil’s Kitchen“, entworfen für das Bayerische Junior Ballett München. Und das BJBM fegte, jagte, schoss durch diesen ultra gesteigerten Goecke-Stil, dass man den Atem anhielt. Applaus-Orkan im Münchner Prinzregententheater. Gekoppelt war diese „Teufels-Küche“ mit Oskar Schlemmers „Triadischem Ballett“ (1922). Gerhard Bohner hatte es 1977 rekonstruiert. Ivan Liska und Colleen Scott studierten es 2014 hier ein.
Dieses historische Juwel mit seinen zu Puppen „verwunschenen“ Tanz-Akteuren in hinreißenden Kostümen war in den 1920er-Jahren ein Grenzgang hin zur Bildenden Kunst. Etwas ganz Neues! Und 100 Jahre später entwirft Choreograf Marco Goecke Werke, die in eine futuristische Sphäre abheben.
Nacht-schattige Bühne, Ohr-bedrängende Powerklänge, Fetzen von amerikanischen Songs. Stürmen nun herein in Rennwagen-Tempo und wildem Wechsel einzelne Tänzer, Paare, später auch geschlossen die 15 BJBM-Mitglieder. Für den Betrachter ein Bühnenerlebnis wie eine Halluzination. Der Körper bei allen: ein totales Spielfeld. Schultern, Hüften verschrägen sich, Rückenmuskeln finden ihren eigenen Takt, Arme flattern nervös empor, werden in den wild zerrenden Pas de deux zu widerborstigen Abstands-Werkzeugen.
Man hatte ja schon eine Idee von Goeckes so ganz eigenem Stil. Aber hier ist alles zweimal so schnell, in der Bewegung dreimal so knifflig. Kein Problem fürs BJBM. Die Crew schießt sich mit Präzision durch diese komplexe Rase-Choreo. Aber beschränkt sich „Devil’s Kitchen“ auf den athletischen Kick? Man könnte hier durchaus eine gewisse Aufgeregtheit unserer Zeit erkennen. Eine Art Angstfieber, ausgelöst durch aktuell politisch prekäre Beziehungen. Das ältere Publikum ist da vielleicht feinnerviger – hat zum Teil noch das Kriegsende 1945 in Erinnerung. Auf jeden Fall anschauen!MALVE GRADINGER
Weitere Vorstellung
heute, 20 Uhr.
Außerdem ist das BJBM
im Sommer-Open-Air-Programm am 19. Juli im Brunnenhof der Münchner Residenz zu sehen, mit
Norbert Grafs „Stück im alten Stil“, Xin Peng Wangs „Im Wald“, Simon Adamson-De Lucas Return to Innocence“ und
Marco Goeckes „Devil’s Kitchen“. Tickets unter 089/54 58 94 0.