Die Alternative zum Hardcover: Der Umsatzanteil von Taschenbüchern liegt derzeit bei um die 20 Prozent. Die Verlage reagieren darauf längst mit besonderen Editionen. © Arne Dedert/dpa
Heute sind Taschenbücher allgegenwärtig, vor 75 Jahren waren sie ein Novum. 1,50 D-Mark kostete die Premiere, inklusive Zigarettenwerbung. Hans Falladas „Kleiner Mann – was nun?“ war die Nummer eins: Der Roman aus der Zeit der Weltwirtschaftskrise war das erste Taschenbuch, das in der jungen Bundesrepublik auf den Markt kam. Es erschien am 17. Juni 1950 im Rowohlt Verlag. Zeitgleich erreichten die Nummern zwei bis vier den Handel: „Am Abgrund des Lebens“ von Graham Greene, „Das Dschungelbuch“ von Rudyard Kipling und „Schloß Gripsholm“ von Kurt Tucholsky. Ab sofort gab es Weltliteratur zum kleinen Preis. Das neue Format kam beim Publikum gut an. Aber es stieß nicht überall im damaligen Kulturbetrieb auf Begeisterung, denn das günstige, biegsame Buch hatte nichts Edles oder Repräsentatives.
Die Taschenbücher konnten preiswert gedruckt und mit einer fadenlosen Klebebindung ohne großen Aufwand verarbeitet werden. Bis heute ist ein Taschenbuch günstiger als ein gebundener Band und eher ein Gebrauchsgegenstand, der meist in einer großen Auflage erscheint. Für einen Verlag wichtige Titel kommen meist zuerst als Hardcover heraus.
Doch mit der Taschenbuchproduktion zogen die meisten Häuser nach. Sie erfanden Reihen und optische Besonderheiten, beispielsweise die berühmte Regenbogen-Reihe der Edition Suhrkamp von Willy Fleckhaus. „Einige Verlage statten ihre Taschenbücher darüber hinaus mit Veredelungen wie Farbschnitten oder Glanzfolie aus, was besonders bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen beliebt ist“, sagt Thomas Koch, Sprecher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.
Insgesamt lag der Umsatzanteil von Taschenbüchern 2023 bei 20,8 Prozent, wie der Börsenverein unter Berufung auf Daten von Media Control berichtet. 2022 seien es 21,1 Prozent und 2021 insgesamt 20 Prozent gewesen. „Bei den Warengruppen haben die Belletristik, das Sachbuch und Sozialwissenschaften, Recht und Wirtschaft die größten Anteile“, sagt Koch.
Wie sieht es mit der Zukunft des Taschenbuchs aus, auch angesichts elektronischer Konkurrenz? „Taschenbuch und E-Book schließen einander nicht aus“, zeigt sich Koch überzeugt. Das Taschenbuch biete, anders als das E-Book, ein haptisches Lese-Erlebnis und bediene andere Bedürfnisse. „Wer in den Urlaub nicht zu viele Bücher mitnehmen möchte, setzt vielleicht auf das E-Book, zu Hause auf dem Sofa aber auf das klassische Buch. Dabei bleibt das Taschenbuch einfach eine preisgünstigere Alternative zum Hardcover.“
Eine Werbung für Zigaretten zwischen Taschenbuchseiten wäre heute allerdings wohl undenkbar – anders als vor 75 Jahren.LETICIA WITTE