PREMIERE

Ein böser Sommerspaß

von Redaktion

„The old Maid and the Thief“ am Gärtnerplatz

Das Objekt der Begierde: Bob (Jeremy Boulton). © Schnauss

Manchmal muss frau rabiat werden, um ihren Willen durchzusetzen: Miss Todd (Anna Agathonos) bei ihrem Einbruch in den „Liquor Store“. © anna schnauss

Als kleinen, überdrehten Sommerspaß servierte das Gärtnerplatztheater am Sonntagnachmittag auf seiner Studiobühne Gian Carlo Menottis groteske Oper „The old Maid and the Thief“. Ob man die 1939 als Radio-Oper konzipierte, 1941 in Philadelphia szenisch uraufgeführte Kammeroper als frauenfeindlich bezichtigen mag (was manche Kritiker taten) sei dahingestellt. Feministisch ist sie jedenfalls nicht. Aber ein böser Spaß.

Zwei alleinstehende, ältliche Damen – Miss Todd und Miss Pinkerton – aus einem amerikanischen Provinzstädtchen tratschen genüsslich und beklagen ihr Los, von ihren jeweiligen Verlobten vor Jahrzehnten verlassen worden zu sein. Anna Agathonos und Frances Lucey – als Typen wunderbar gegensätzlich besetzt – tun dies mit ganzer Hingabe und intensiven Mezzo- wie Soprantönen.

Aber als ein fescher Landstreicher auftaucht, komplimentiert Miss Todd, die allen ehrenhaften Vereinen – von der Kirchengemeinde bis zu den Alkoholverächtern – vorsteht, die Freundin hinaus und gibt dem Bitten ihrer kecken Hausangestellten Laetitia nach: Der junge Mann wird hereingebeten und darf bleiben. Bob, den Jeremy Boulton als Sunnyboy mit einem kernig jungen Bariton ausstattet, entledigt sich rasch seiner nassen Klamotten und verzückt Hausherrin und Maid mit nacktem Oberkörper…

Regisseur Alexander Kreuselberg kostet mit seinem spielfreudigen Quartett die Komik voll aus, ohne ins Klamaukige zu rutschen. Rainer Sinell hat dafür eine in feines Hellgrau getauchte Wohnung mit Kamin gebaut und die Damen entsprechend gekleidet.

Als Miss Pinkerton beim nächsten Besuch von einem ausgebrochenen Gewalttäter berichtet, zucken die betörten Hausbewohnerinnen zwar kurz zusammen, aber der Grusel erhöht nur Bobs Reiz. Um ihn einzukleiden und bei Laune zu halten, bestiehlt Miss Todd – angestiftet von Sophia Keilers bis in die Höhen blitzblank singender Laetitia – ihre Nachbarn und bricht in den „Liquor Store“ ein. Schließlich droht der ganze Spuk aufzufliegen, und Miss Todd will den armen Bob als Dieb ans Messer liefern. Doch da hat sie die Rechnung ohne die „old Maid“ und den vermeintlichen „Thief“ gemacht. Zuletzt bleibt sie mit ihrem einsamen Goldfisch im Glas zurück – allein.

Oleg Ptashnikov und das wendige kleine Orchester (mit Klavier) sekundieren den szenischen Trubel mit Verve. Ob es gefühlig wird oder dramatisch, immer ist Menottis Augenzwinkern zu hören. Der aus Italien stammende, in den USA wirkende und geschätzte Komponist war in der Tat kein Innovator, aber ein geschickter Tonsetzer, der das Publikum auch heute noch bestens unterhält. Der Applaus für alle Beteiligten war entsprechend. GABRIELE LUSTER

Nächste Vorstellungen

heute, 18. Juni sowie am 8., 9. Juli;
Telefon 089/21 85 19 60.

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