Die Kunst der Vielen

von Redaktion

Das Deutsche Theatermuseum inszeniert sehr sinnlich den Weg zur Premiere

Überzeugende Architektur: Die Theaterlatten ziehen sich durch die Schau und verknüpfen die Gewerke. © Yannick Thedens

Sensible Momente illustrierte Zeichnerin Lisa Frühbeis.

Shakespeare-Masken für die Inszenierung. © Yannick Thedens

Drei Wochen zu Gast in München: Shakespeares Dramen in der „First Folio“-Ausgabe von 1623. Eine Seltenheit. © Thedens

Fünf Wochen nach der Premiere schon im Museum: Vom Entstehen der „Romeo und Julia“-Inszenierung mit Lea Ruckpaul und Vincent zur Linden am Residenztheater erzählt die Schau „Making Theatre“ im Deutschen Theatermuseum. © Birgit Hupfeld

Manchmal eröffnen schlichte Holzlatten ein aufregendes Panorama an Geschichten. Sie künden von Ideen, vom Probieren, vom Scheitern und Gelingen und schildern das Aufeinandertreffen von Handwerk und Kunst. Bühnenbildnerin Sigi Colpe hat im Deutschen Theatermuseum sehr viele dieser langen Hölzer verbaut – ihre Architektur ist ein erster Höhepunkt der neuen Schau am Münchner Hofgarten.

„Making Theatre“ schildert den Produktionsprozess am Theater, vom Gestalten des Spielplans bis zur Premiere. Im Zentrum steht Elsa-Sophie Jachs Inszenierung von Shakespeares „Romeo und Julia“ am Residenztheater. Gerne genutztes Material an allen Bühnen sind eben jene Theaterlatten, die Colpe im Erdgeschoss des Hauses ordentlich parallel nebeneinanderstellt. „Wir sind viele“ steht da zu lesen und „Welche Ideen entwickelt das künstlerische Team?“ Richtig: Theater ist eine Kunst der Vielen. Damit am Abend der Lappen hochgeht, braucht es zahlreiche Menschen, die über einen langen Zeitraum für eine Inszenierung arbeiten. Ihre Visionen, ihr Können, ihre Kreativität vereinigt und verschränkt sich im besten Fall – wie die Holzlatten, die sich einem Bandwurm gleich durch die drei Stockwerke des Museums ziehen. Bis in den letzten Raum, in dem kleine Geschenke von den Premierenritualen der Schauspielerinnen und Schauspieler berichten, während in drei Filmen parallel zu sehen ist, was hinter der Bühne geschieht, während vorne gespielt wird.

Mit „Making Theatre“ schlagen das Theatermuseum und seine Direktorin Dorothea Volz einen spannenden neuen Weg ein. Die Schau entstand gemeinsam mit dem Bayerischen Staatsschauspiel – erzählt wird das Werden der Residenztheater-Produktion „Romeo und Julia“; am 16. Mai hatte Jachs Inszenierung des Shakespeare-Dramas Premiere. Das war vor fünf Wochen. Gestern Abend wurde nun am Hofgarten die Vernissage des Making-of gefeiert.

„Theater kann man nicht ausstellen. Es ist eine flüchtige Kunst“, sagt Museums-Chefin Volz. Diesen Fakt habe man konsequent weitergedacht und stelle die „Menschen und Arbeitsprozesse in den Fokus“. Ausstellungsmacherin Maren Richter hat dazu das Format der Live-Kuration entwickelt. Das Ausstellungsteam begleitete von 2024 bis zum Tag der Premiere die Theaterschaffenden. Mit Kamera, Stift und Mikrofon wurde die Arbeit in allen Gewerken dokumentiert. „Was passiert jetzt?“, sei ihre Leitfrage gewesen, erklärt Kuratorin Richter. Die Antworten darauf können die Besucherinnen und Besucher im Theatermuseum nun sehr unmittelbar nachvollziehen. Dabei sollten sie sich keinesfalls vom kreativen Chaos gerade im oberen Stock irritieren lassen. Die Parallelität vieler Arbeitsschritte zeigt sich auch in dieser Architektur – am Ende läuft alles auf die Premiere zu. Immer wieder geht „Making Theatre“ aber auch über die Jach-Inszenierung hinaus, blickt etwa auf den Shakespeare-Stoff, auf technische Entwicklungen und auf die Historie des Residenztheaters.

Diese Ausstellung wäre lange nicht so lebendig und informativ, wenn Regisseurin Jach, ihr Team und das Ensemble nicht bereit gewesen wären, die Museumsleute derart lange derart nah an sich herankommen zu lassen. „Gleichwohl bleibt ein Rest von Geheimnis“, sagt Intendant Andreas Beck. Und das erlebt man nur im Theater.MICHAEL SCHLEICHER

Bis 12. April 2026

Di.-Fr. 11 bis 17 Uhr; weitere Infos – auch zum umfangreichen Rahmenprogramm – gibt es online unter www.deutschestheatermuseum.de.

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