Die besten Seiten des Jahres

von Redaktion

Das Literaturhaus München lädt im Juli zur „Sommerlese“

So lässt sich’s im Juli (vor-)lesen: Das Literaturhaus München lädt auch heuer traditionell zur „Sommerlese“. © CATHERINA HESS

Ein bisschen wirkt es, als habe Kurt Tucholsky in die Zukunft blicken können: „Wir lagen auf der Wiese und baumelten mit der Seele“, schreibt er relativ zu Beginn seiner Erzählung „Schloß Gripsholm“, die im Jahr 1931 erstmals erschienen ist. Schon klar, es gibt ein paar Unsauberkeiten in seiner Prognose: Die Wiese ist in diesem Fall das klassische Münchner Kopfsteinpflaster, wie es auch hinterm Literaturhaus verlegt ist. Und man nimmt dort in bequemen Liegestühlen Platz. Atmosphärisch jedoch war der Autor damals verdammt nah dran an dem, was die Verantwortlichen seit 2015 im Juli auf den Platz zaubern: Die „Sommerlese“, die zu den besten Seiten des Münchner Kulturjahres gehört, startet heuer am 1. Juli.

Wer das Konzept nicht kennt: Es ist einfach und schön. Auf dem rückwärtigen Salvatorplatz lesen Schauspielerinnen und Schauspieler Auszüge aus Klassikern der Literaturgeschichte unter freiem Himmel. Der Eintritt ist frei; wer Pech hat, ergattert eben keinen Liegestuhl. Das stört aber nicht wirklich, denn diese kurzweiligen Abende lassen sich wunderbar im Stehen genießen.

Zum Auftakt gestaltet Shenja Lacher, ehemaliges Ensemblemitglied am Bayerischen Staatsschauspiel, am Dienstag von 18.30 Uhr an Auszüge aus Tucholskys „Gripsholm“. Das wird sicher „einer von den Tagen, wie sie nur im Spätsommer vorkommen: bunt, gesättigt und windstill…“ So zumindest schildert es Kurt Tucholsky (1890-1935) in seinem flirrend erzählten Buch.

Helen Wolff (1906-1994) gibt es dann in der Woche darauf zu hören (8. Juli, 18.30 Uhr): Die Verlegerin schrieb nur für die eigene Schublade. 1932/33 entstand ihr Roman „Hintergrund für Liebe“, der erst vor fünf Jahren publiziert wurde. Erzählt wird die Reise einer jungen Frau mit ihrem 20 Jahre älteren Liebhaber an die Côte d’Azur. Das Buch war eine echte Entdeckung. Bei der „Sommerlese“ wird Julia Koschitz, bekannt aus Kino und Fernsehen, ihr Publikum mitnehmen, hinein in diese vertrackte Beziehung in Südfrankreich. Das Finale gestaltet Wiebke Puls von den Münchner Kammerspielen. Sie trägt am 15. Juli „In der Bucht“ von Katherine Mansfield (1888-1923) vor. Und in diesem Text ist wirklich nichts, wie es scheint.

Übrigens: Sollte es regnen (was wir wirklich nicht hoffen wollen), findet die „Sommerlese“ dennoch statt – im Saal des Literaturhauses über den Dächern der Stadt. MICHAEL SCHLEICHER

Weitere Informationen

zur „Sommerlese“ gibt es online unter literaturhaus-muenchen.de.

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