Die Faust in den Münchner Himmel: Billy Idol am Freitag auf dem Königsplatz. © Hangen
Ja, er tanzt noch! Als der britische Superstar Billy Idol am Freitagabend die Bühne betritt und den neuen Song „I’m still dancing“ anstimmt, empfängt ihn das überwiegend ältere Publikum mit begeistertem Kreischen. Natürlich ist der Titel ein Statement. 1982 startete Billy Idol mit dem Hit „Dancing with myself“ seine Solo-Karriere. In den folgenden Jahren feierte er seine größten Erfolge und wurde vom Punk zum Sexsymbol. Dabei war er keineswegs „idle“, also faul und träge, wie sein Künstlername Idol suggeriert, sondern produzierte einen Hit nach dem anderen.
40 Jahre später hat er es immer noch drauf! Zwar sind die Tanzschritte etwas langsamer geworden, aber es ist erstaunlich, mit wie viel Power er immer noch die Bühne auf und ab tigert. Auch seine raue Stimme hat sich kaum verändert. Zur Unterstützung hat er sich zwei Backgroundsängerinnen mitgebracht, die die ruhigeren Phasen perfekt abrunden. Geschickt sind in die Setlist zudem kurze Verschnaufpausen eingebaut, die Ausnahme-Gitarrist Steve Stevens für Soli nutzt. Und dann ist doch wieder die Hauptperson auf der Bühne und reckt in berühmter Billy-Idol-Manier die Faust in den Münchner Himmel. Die schwarze Lederjacke steht ihm immer noch, die er mal mit T-Shirt, mal mit entblößtem, formidablem Oberkörper kombiniert. Und auch der Wettergott ist mit Billy, denn trotz einiger dunkler Wolken bleibt es an diesem Abend auf dem gut gefüllten Königsplatz trocken.
Ein kleiner Wermutstropfen sind dagegen die Lieder seines neuen Albums „Dream into it“. Die aufgesetzt wirkenden Pop-Punk-Songs wie das Duett „77“ mit Avril Lavigne oder „Too much Fun“ passen nicht wirklich zu seiner Stimme, was vor allem deutlich wird, wenn er sie alleine singt. Mutig, dass er hier nicht wie vergleichbare Künstler auf Unterstützung vom Band zurückgreift. Auch das Publikum wirkt ein wenig ratlos. Wie gut, dass es da noch den „Rebel Yell“ gibt, der alle auf dem Königsplatz wieder mitreißt. Wie entfesselt zieht Billy Idol im Anschluss sein Shirt aus und wirft es in die Menge. Die Rock-Posen kann er im Schlaf, denn die größte Attraktion ist er selbst, da braucht es keine ablenkenden Showelemente wie Pyrotechnik oder Konfetti. Auf der LED-Wand hinter ihm prangt lediglich eine Stadt-Silhouette, an deren Wolkenkratzern immer wieder sein Name aufleuchtet.
Zur ersten Zugabe „Dancing with myself“ kommt er dann oberkörperfrei und mit glitzerndem Ledermantel auf die Bühne, was laut jubelnd von den Fans kommentiert wird. Nach knapp 90 Minuten ist die Show vorbei, und Billy gönnt sich einen wohlverdienten Schluck. Ein Blick in die begeisterten Gesichter ringsum verrät: Billy Idol darf gerne wiederkommen.MICHAEL HELLSTERN