Nachruf

Ein Titan des Theaters

von Redaktion

Trauer um Claus Peymann, der die deutschen Bühnen geprägt hat

„Da, wo ich bin, ist die Mitte“: Claus Peymann. © J. Kalaene/dpa

Ein streitbarer Geist, der keinen Konflikten aus dem Weg geht, ja, sie geradezu sucht. Ein „aufgeklärter Monarch“, der immer eine zitierfähige, oft skandalträchtige Aussage auf Lager hat. Solche Beschreibungen hat Regisseur und Intendant Claus Peymann wie Trophäen gesammelt. Matthias Hartmann, unter Peymann Regisseur am Wiener Burgtheater, glaubt, Peymann war überzeugt, „die Welt konnte nur entstehen, weil er beim Urknall ‚Los‘ gesagt hat“.

Mit 88 Jahren ist der leidenschaftliche Theatermann nun gestorben: „Er bleibt als unbeugsamer Streiter für die Freiheit der Kunst in Erinnerung“, würdigt ihn Kulturstaatsminister Wolfram Weimer. Peymann sei ein „Titan des Theaters, ein Meister der Zumutung und Erneuerung“ gewesen.

Die „Berliner Zeitung“ zitierte einmal Peymanns Selbstbeschreibung als „Reißzahn im Arsch der Mächtigen“ – ein Satz, den er so nicht wörtlich gesagt hatte, der ihm aber gefiel. Seine langjährige Wirkungsstätte als Intendant des Berliner Ensembles lag schließlich unmittelbar am Regierungsviertel. Von „Götterdämmerung“ war die Rede, als Peymann am Berliner Ensemble und Frank Castorf an der Volksbühne 2017 ihren Abschied aus Berlin nahmen.

Theater als Opposition gegen Autoritäten – trotz dieses Credos war Peymann nie ein Freund des Mitbestimmungsmodells am Theater, das in den Siebzigern in einigen Häusern Einzug hielt. Aber er war nicht nur der „Despot“, der für seine cholerischen Ausfälle bei den Proben berüchtigt war. Peymann verstand sich auch als Kopf eines Leitungsteams, zu dem jahrzehntelang der Dramaturg Hermann Beil gehörte. Mit einem Stamm renommierter Schauspieler, darunter Bernhard Minetti, Gert Voss und Kirsten Dene, kartierte er die Theaterlandschaft neu.

Nach Frankfurt, Stuttgart und Bochumer folgte die turbulente Intendanz am Wiener Burgtheater zwischen 1986 und 1999 und des Berliner Ensembles von 1999 bis 2017. Nach seinem Abschied war Peymann als freier Regisseur tätig, wenn es seine Gesundheit erlaubte. Dass es nicht immer die vermeintlich großen Bühnen waren, die er bespielte, focht ihn nicht an. „Da, wo ich bin, ist die Mitte“, sagte er der „SZ“.R. GERZ

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