BAYREUTHER FESTSPIELE

Triumph für den verlorenen Sohn

von Redaktion

Christian Thielemann kehrt mit dem „Lohengrin“ zurück

Piotr Beczala sang einen Muster-Lohengrin. © Nawrath

Christian Thielemann lagen die Fans zu Füßen. © Creutziger

Der Meister ist wieder da! Und wie sehr sich das Bayreuther Publikum nach Christian Thielemann gesehnt hat, wurde nicht erst beim donnernden Schlussapplaus überdeutlich. Auch wenn es sich beim „Lohengrin“ nur um eine Wiederaufnahme gehandelt hat: Für die versammelte Wagner-Gemeinde war es nach zwei Thielemann-losen Jahren dennoch das Ereignis des Festspielsommers, das in mehr als einem Pausengespräch sogar noch über die Eröffnungspremiere der „Meistersinger“ gestellt wurde.

Anders als die zahme Inszenierung von Yuval Sharon, die den pastellfarbenen Bildern von Rosa Loy und Neo Rauch nur wenig entgegensetzt, enttäuschte der gefeierte Maestro seine Fangemeinde nicht. Thielemann kennt den Bayreuther Graben und seine spezielle Akustik wie derzeit nur wenige andere. Schon die ersten zart schwebenden Klänge des kühl leuchtenden Vorspiels waren pure Magie. Weil Thielemann das ganz auf ihn eingeschworene Orchester oft bis an die Grenzen des Hörbaren herabdämpfte und mit fast schon italienisch anmutender Leichtigkeit jeden germanischen Ballast über Bord warf. Was nicht heißt, dass es in den großen Chorszenen nicht ordentlich donnern würde. Auch das war Teil einer genau ausgeklügelten Klangdramaturgie, die mit wohlplatzierten Kontrastmomenten über drei Aufzüge hinweg eine Fallhöhe für das Finale aufbaute.

Thielemann erwies sich wieder einmal als idealer Begleiter, der seinen balsamisch weich singenden Belcanto-Lohengrin Piotr Beczała ebenso auf Händen trug wie Einspringer Andreas Bauer Kanabas. Er ersetzte als König Heinrich den erkrankten Mika Kares und empfahl sich mit sonorem, raumgreifendem Bass für weitere Aufgaben auf dem Grünen Hügel. Olafur Sigurdarson war dagegen nach drei vorausgegangenen Alberich-Abenden im „Ring“ anzumerken, dass der Telramund aus gutem Grund zu jenen Wagner-Partien zählt, die man besser nicht auf die leichte Schulter nimmt. Wofür es am Ende auch ein paar zaghafte Buhrufe für den Isländer gab.

Mehr Aufmerksamkeit verdienten da schon zwei weitere Hügel-Debütantinnen. Vor allem Miina-Liisa Värelä, die sich zuletzt immer weiter ins hochdramatische Fach vorarbeitete und unter anderem auch für den neuen Münchner „Ring“ als Brünnhilde angekündigt ist. Als Ortrud offenbarte die Finnin einen dunkel timbrierten Sopran, der bei der Anrufung der „Entweihten Götter“ ebenso funkelte wie in der Auseinandersetzung vor dem Münster. Und in dramatischere Richtungen dürfte es demnächst wohl auch für Elza van den Heever gehen, die ihrer Kollegin nicht minder gleißende und kaum weniger voluminöse Spitzentöne entgegensetzte.

Im ersten Aufzug musste sich van den Heevers Stimme zwar noch ein wenig einschwingen. Doch animiert von ihrem Tenor-Partner, fand auch sie zu lyrischeren Färbungen, wodurch die Szene im Brautgemach ihre Wirkung nicht verfehlte. Ebenso wie Piotr Beczałas exemplarisch vorgetragene Gralserzählung. Die Ovationen, die man ihm vor dem Vorhang bereitete, wurden nur von einem übertroffen: Christian Thielemann. Er feierte einen großen persönlichen Triumph und dürfte durch seine erneute Präsenz auf dem Grünen Hügel den bereits angelaufenen Vorverkauf für den Jubiläums-„Ring“ im kommenden Sommer noch einmal ordentlich ankurbeln.TOBIAS HELL

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