Tiere wie wir

von Redaktion

Starke Ausstellung von Austin Eddy im Museum Penzberg

Bayernliebe: Penzberg feiert Eddy hier. © ANDREA HEYDOLPH

Hoffnungsvoll: „Night Flight“ (2023). © Stan Narten

Bald ist Austin Eddy zu Besuch: Am 21. September lädt das Haus ab 15 Uhr zum Künstlergespräch mit ihm. Anmeldungen per E-Mail an museum@penzberg.de. © A. Eddy

Ruhe vor dem Sturm? „Sea Calm“ von Austin Eddy. © Courtesy of the artist and of KNUST KUNZ Gallery Editions © the artist

Dieser Mann hat die Moderne inhaliert. Matisse, Picasso, Miró: Der Einfluss der französischen und spanischen Meister ist im Werk des US-Amerikaners Austin Eddy unübersehbar. Doch eben auch der von Kandinsky, Marc, Klee und Campendonk. Würde man es nicht besser wissen, man könnte meinen, Eddy sei monatelang durchs bayerische Oberland gereist und habe sich wie die letztgenannten Künstler der Vereinigung Blauer Reiter von dieser farbenprächtigen Landschaft inspirieren lassen. Hat er nicht. Sondern die Werke der Vorbilder genau studiert.

Auch der Blaue Reiter hat Austin Eddy inspiriert

Austin Eddy, 1986 in Boston geboren, ist ein äußerst sehenswertes Beispiel dafür, wie Bildsprachen von einem zum anderen Kontinent herüberschwappen. Während seines Studiums am School of the Art Institute of Chicago spazierte er ständig durch das dazugehörige Art Institute of Chicago, eines der ältesten und größten Kunstmuseen der USA. Und ließ sich einnehmen von dieser simplen wie faszinierenden Idee der Künstler der Moderne: der Punkt als Urzelle jedes malerischen Werks. „Punkt und Linie zu Fläche“ heißt eine berühmte Schrift von Wassily Kandinsky. Was das auf der Leinwand bedeutet, kann man derzeit aufs Schönste im Museum Penzberg – Sammlung Campendonk erleben.

Austin Eddys dortige Ausstellung „Vogel, Fisch und Farbe“ ist zunächst einmal ein Fest fürs Auge. Wer den ersten Raum betritt, wird gleich in Bann gezogen von den großformatigen Bildern, die hier an den Wänden hängen. Riesige Farbflächen, reduzierte Formen und immer mindestens ein Punkt. Mal brennend rot wie die Sonne bei ihrem täglichen Aufgang (oder Untergang?); mal leuchtend gelb wie der Mond in tiefer Nacht. Liest man die Titel, eröffnet sich eine zweite Deutungsebene. „Death and Spring“ heißt es da etwa neben dem Werk eines Baumes, der an die Naturbilder eines David Hockney erinnert. Die eine birnenartige Frucht in kräftigem Orange, die andere bereits bräunlich, genau wie die, die am Boden liegt. Werden und Vergehen. Ein Thema, das sich durch Austin Eddys Werk zieht.

Wie Campendonk und die anderen Künstlerinnen und Künstler des Blauen Reiter nutzt auch der junge US-Amerikaner Tiere als Metaphern für seine kritische Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Mensch und Natur. Denn obwohl er nie Vertreter seiner eigenen Spezies zeigt, ist der Mensch in Austin Eddys Bildern doch immer mit all seiner Bedrohlichkeit zu spüren. Insbesondere Fische und Vögel haben es ihm angetan. Auch hier gleicht er Campendonk, zwischen dessen Arbeiten der Dauerausstellung sich die von Eddy unheimlich harmonisch einfügen. „Ich betrachte die Vögel als Metaphern für die conditio humana, sie dienen also als Fenster zum Verständnis des Selbst“, formuliert es Eddy. Seinen Malereien, Skulpturen, Holzschnitten ist anzumerken, wie sehr er die Schöpfung bewundert. Und wie er sich um deren Zerstörung sorgt. „The Silence of a sleeping City“ beispielsweise. Der Titel klingt so friedlich. Doch der Vogel, der da über einer grauen Skyline sitzt, wirkt bedrohlich. Mit spitzem Schnabel blickt er auf die dunkle Welt hinab. Zum Angriff im Sturzflug bereit?

Ganz anders dagegen der „Night Flight“, das vielleicht schönste, weil hoffnungsvollste Werk der sehenswerten Schau. Perfekt gehängt im letzten Raum, direkt gegenüber vom Fenster. Genau so, dass der gelbe Vogel, der hier frohgemut aus einem roten Häuschen mit schlagenden Flügeln aufbricht, hinaus ins Freie fliegen könnte. Der Sonne entgegen. Stark.KATJA KRAFT

Bis 12. Oktober

Mi. bis So., 10 bis 17 Uhr;
Am Museum 1, Penzberg.

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