Nie wieder „Willy“

von Redaktion

Wegen seines jahrelangen Drogenkonsums kann Konstantin Wecker nicht mehr Klavier spielen

Seine Hände flogen über die Tasten: Konstantin Wecker. © dpa

Es ist wohl das Schlimmste, was einem Musiker auf seinem künstlerischen Weg passieren kann: Konstantin Wecker kann nicht mehr Klavier spielen. Jedenfalls nicht mehr so wie früher, als seine Hände über die Tasten flogen, er mit Hits wie „Genug ist nicht genug“ oder „Frieden im Land“ die Menschen begeisterte. Den Circus Krone? Füllte der heute 78-Jährige viele Male. Immer warteten die Fans auch auf eines seiner bekanntesten Lieder, die Ballade „Willy“. Ein Song gegen Rechts, entstanden 1977, immer wieder aktualisiert, weil leider auch die neofaschistischen Angriffe seither nicht geendet haben. Die jüngste Version stammt aus dem Jahr 2021 und erzählt vom Anschlag in Hanau, als am 19. Februar 2020 ein 43-Jähriger neun Menschen mit Migrationshintergrund erschoss. Doch wird Konstantin Wecker den „Willy“ je wieder öffentlich spielen können? In einem Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ erzählte er nun von Schädigungen der Nerven in seinen Händen, die Folge: Er kann kaum mehr spielen. Nur noch „ganz einfache Melodien. Wie ein kleines Kind. Wie ein Anfänger. Mehr ist nicht mehr drin.“

Also künftig keine Konzerte mehr? Da widerspricht Wecker. Und verweist auf Jo Barnickel, seit mehr als 30 Jahren der Pianist an seiner Seite. „Der spielt meine Lieder ganz wunderbar.“ Doch eine Ausnahme gibt es: den „Willy“. „Den muss ich einfach selbst spielen. Aber ich kann es nicht mehr.“ Hartes Fazit: „Der Willy ist nun Geschichte.“

Wie konnte es so weit kommen? Offen spricht Wecker von seiner jahrzehntelangen Alkoholsucht. Im Januar 2022 wies er sich selbst in eine Entzugsklinik ein. Jeden Abend habe er getrunken, „dann aber richtig“. Besonders nach Konzerten. „Oft habe ich Konzerte nur gespielt, weil ich mich auf den Wein danach zur Belohnung gefreut habe. Auf den Rausch danach.“ Doch beim Alkoholrausch allein blieb es nicht. Kurz nach dem Entzug der Tiefpunkt: Wecker ist seit vier Wochen trocken, spielt ein Konzert in Hessen. Nach der Show packt es ihn. Er setzt sich ins Taxi zum Frankfurter Bahnhof, kauft Wein und Crack. Fährt damit zurück ins Hotel. „Es war ein kompletter Absturz.“ Nach dieser Nacht sei ihm klar geworden: „Entweder ich mache so weiter und gehe an meiner Sucht zugrunde. Oder ich lasse es komplett.“ Es folgte der zweite Entzug, seither lebt er trocken.

Kein Alkohol mehr, kein Klavier. Um das zu überstehen, findet Wecker Kraft in der Meditation. Und in der Flucht nach vorn: In seinem neuen Buch „Der Liebe zuliebe“, das heute bei Droemer Knaur erscheint, erzählt er offen über seinen Weg aus der Sucht. Auch, um anderen Betroffenen Mut zu machen. Wecker sagt: „Es ist bemerkenswert, wie gnadenlos viel in unserer Gesellschaft gesoffen wird.“ Er muss die Folgen davon am eigenen Leibe spüren.KATJA KRAFT

Artikel 11 von 11