Schamane und Charmeur: Willy Michl alias Sound of Thunder war bestens bei Laune und kräftig bei Stimme. © Jörg Heinrich
In Schwabing auf dem Occamstraßen-Boulevard – da konnte der Häuptling des Stammes der Münchner Bluesmusiker jetzt endlich seinen 75. Geburtstag nachfeiern. Denn an seinem Ehrentag, dem 9. Juli, war Willy Michl krank. Eine „Fetzen-Bronchitis“ hatte ihn niedergestreckt. Aber was sind schon zwei Monate Verspätung gegen die 75 Sommer, die der Isar-Indianer gesehen hat? Seine Fans im vollen Lustspielhaus ließen den Native Bavarian nachträglich hochleben. Ois war Blues, ois war gut.
Wie schlecht es um ihn bestellt war, verriet der wie immer prachtvoll gefiederte Willy gleich am Anfang: „Das waren elf Wochen in meinem Leben, wo ich geglaubt habe, es geht nicht mehr. Jedoch, es geht!“ Dafür sorgte auch seine Cora, die beste aller Ehefrauen: „Sie hat gesagt, Willy, die Leute brauchen und wollen dich – und dann kannst du es!“
Und er konnte es, wie immer seit über 50 Sommern. Bestens bei Laune und kräftig bei Stimme, ließ der Willäääää die Isar flimmern und die Rolling Stones durchs Flussbett rollen. Er ratschte über das „Kanu der Freiheit“ (nicht des Manitu) als das schnellste Verkehrsmittel der Welt, über kuriose Gema-Abrechnungen und über bayerische Könige von Ludwig dem Zweiten bis zu Franz Josef Strauß dem Ersten.
Wenn Michl in einem seiner schönsten Lieder darüber singt, dass er gern ein „Wildpferdl“ wäre, dann spielen irdische Fragen, ob man noch „Indianer“ sagen darf und ob der Blues nicht kulturell angeeignet ist, keine Rolle mehr. „Jedes Blattl an jedem Baum erzählt eine Geschichte. Und es liebt dich“, weiß der Blues-Mann. Mögen ihm und den Blättern die Geschichten noch lange nicht ausgehen.JÖRG HEINRICH