Diese Frau ist diszipliniert, sie mag es, alles unter Kontrolle zu haben. Bewundert zu werden. Die Beste zu sein. Deshalb hört sie nicht auf zu trainieren und schreckt auch nicht vor Steroiden zurück, um die stärkste Profi-Bodybuilderin im Fitnessstudio zu schlagen. Dabei hat sie gerade erst hier angefangen – als Servicekraft. Und überall erzählt, dass sie gerade Mutter geworden sei, um den untrainierten Körper zu rechtfertigen. In ihrem neuen Roman entwirft Verena Kessler eine irrwitzige Situation um eine Frau, die immer alles gibt, weil sie alles will, und dabei schnell über alle Grenzen geht. Die Figur ist einem meist nicht sympathisch, und trotzdem entwickelt das Buch einen Sog, weil er sich in allseits bekannten Welten bewegt und sich mit aktuellen Themen beschäftigt, immer haarscharf beschreibt und Konsequenzen aufzeigt, die man selbst eigentlich nicht hören mag – so wie die Hauptfigur, in deren Perspektive man blickt. VES
Verena Kessler:
„Gym“. Hanser Berlin, 192 Seiten; 23 Euro.
★★★★☆ Lesenswert