Der malende Magier

von Redaktion

Jakob Martin Strids neues Meisterwerk erscheint in München

Inmitten seiner Bilder: Nach 15 Jahren ist Jakob Martin Strid fertig geworden.

Wenn man denkt, es geht nicht weiter, heben die Helden einfach ab.

In Balanka angekommen: Tiger mit dem kranken Timo auf dem Arm.

Wie im Traum: Löwe Tolstoi und Ziegenbock Pierre betrachten einen gigantischen Synthesizer.

Das Triebwerk brennt! Die tierischen Freunde trotzen im „fantastischen Bus“ jeder Gefahr. © Fotos: Gyldendal

Die ganze Tragweite dieses Projekts erahnt man schon in der Widmung am Anfang. Da schreibt Jakob Martin Strid: „Morris, mein lieber Sohn. Als ich mit diesem Buch angefangen habe, warst du noch nicht geboren – da warst du noch nicht einmal im Bauch deiner Mutter. Jetzt bist du 15 Jahre alt. Du hast mit dem fantastischen Bus genauso gelebt wie ich, deshalb finde ich es nur richtig, dass er für dich ist.“

Strid ist Dänemarks bekanntester Kinderbuchautor und -illustrator – auch hierzulande liebt man seine zuckersüßrespektlosen Geschichten um Mustafas Kiosk, Omas Gebiss oder den kleinen Herrn Rumpelpumpel. „Die unglaubliche Geschichte von der Riesenbirne“ ist sogar verfilmt worden. Doch Strids neues Werk „Der fantastische Bus“ ist ganz ohne Zweifel sein Opus magnum. Über 15 Jahre hat der heute 52-Jährige ohne digitale Hilfsmittel hunderte großformatige Panels gemalt – 80 von ihnen sind bis Ende April 2026 im Brandts-Museum in Odense ausgestellt und zeigen, dass der große Sohn der Stadt, Hans Christian Andersen, Konkurrenz bekommen hat.

Denn wie in ein Märchen nimmt uns Strid mit auf einen Roadtrip durch unglaubliche Landschaften, in die Stratosphäre und weiter in das sagenumwobene Land Balanka, um den kranken kleinen Timo zu retten. Unterwegs huldigt der malende Magier der Fantasie und der Freundschaft um den Welpen Taku (den Erzähler), den Löwen Tolstoi (einen alten Hippie), den Wolf Lucas (einen alkoholkranken Luftwaffenpiloten) und viele mehr. „Wer die Härte der Welt wirklich kennt, klammert sich an das Licht“, sagt der Autor, denn quasi nebenbei berichtet Taku, dass die Häuser der tierischen Protagonisten abgerissen werden, dass sich das Ganze nach einem großen Krieg zuträgt. Doch gemeinsam in ihrem düsenbetriebenen Bus trotzen sie auf dem Weg nach Balanka jeder Gefahr – mit zehn Rädern, vier Phantom-8-Motoren, 18 500 Pferdestärken und natürlich einer Küche, Kojen und Kuscheldecken.

„Ich habe mich direkt verliebt“, sagt Moritz Kirschner vom Kunstmann-Verlag in München. Per Zufall stieß er auf der Kinderbuchmesse in Bologna auf den Stand der dänischen Kollegen von Gyldendal. „Ich kannte Strid natürlich, aber als ich das Buch durchgelesen habe, wusste ich: Das ist sein Meisterwerk.“ Bislang hatte der Baumhaus-Verlag die Bücher des Dänen in Deutschland herausgebracht. „Aber ich habe um dieses Buch gekämpft“, sagt Kirschner. Die Münchner danken es mit einem 2,5Kilo-Prachtexemplar, das eher an einen Kunstkatalog erinnert als an ein Kinderbuch. „Vielleicht holt es mich ja so ab, weil ich fast genauso heiße wie Strids Sohn“, mutmaßt Kirschner lachend.

Wie Morris sich wohl fühlt, jetzt wo das Werk seines Vaters, das sein eigenes ganzes Leben begleitet hat, vollendet ist? Es hat sicher auch sein Gutes, so ahnen wir am Ende der Widmung. Strid schreibt: „Jetzt ist das Buch fertig und wir machen Ferien.“Johannes Löhr

Jakob Martin Strid:

„Der fantastische Bus“. Kunstmann-Verlag, 204 Seiten; 68 Euro.

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