Hat es ins Finale geschafft: Trompeter Raphael Horrach. © Daniel Delang
Gefühlt hat der Internationale Musikwettbewerb der ARD eigentlich gerade erst begonnen. Aber kaum hat man sich versehen, stehen schon wieder die ersten Finalrunden an. Im Fach Klarinette hat sich da am Mittwoch Elad Navon zum Sieg gespielt. Und heute Abend geht es im Herkulessaal bei den Trompeten ums Ganze.
Noch etwas gedulden muss man sich beim Klavier, das wieder einmal die größte Aufmerksamkeit bekam. Egal, wann man hier bei den Vorrunden vorbeischaute: Regelmäßig gab es lange Schlangen vor dem Studio 1 im BR-Funkhaus. Und das sogar in einem erfreulich bunt durchmischten Altersspektrum. Von Studierenden bis zu älteren Semestern, die einem noch Geschichten vom Finale 1966 erzählen konnten, als der spätere Weltstar Mitsuko Uchida hier nur auf dem dritten Platz landete.
Die jüngere Generation war unter anderem durch Joseph Hönle vertreten, der spontan eine der kostenlosen Platzkarten ergatterte. „Ich finde es toll, dass man hier relativ unkompliziert junge Künstlerinnen und Künstler erleben kann. Und natürlich ist da auch der Spannungsfaktor, wer ins Finale kommt. Ob die Jury so entscheidet wie man selbst – und von wem man später noch hören wird. Ich verfolge da nicht jeden Lebenslauf aktiv, aber hin und wieder entdeckt man auch in den Münchner Orchestern ein paar bekannte Gesichter.“
Im Studio 1 erlebte er nun unter anderem den mitreißenden Auftritt von Elias Ackerly, der sich mit Beethoven, Schumann und Ravels „La Valse“ den Einzug ins Semi-Finale sicherte. Über eventuelle Siegchancen will Joseph sich aber nicht äußern. Denn auch er weiß, dass es nicht alle Favoriten ins Finale schaffen können. Das gehört bei Wettbewerben nun einmal dazu. Für das Publikum ebenso wie für die Jury, die sich an strenge Regeln zu halten hat. Damit hadert Jurorin Ewa Kupiec ein wenig, die sich in einer Kaffee-Pause an das Jahr 1992 erinnert, als sie gemeinsam mit Andrzej Bauer im Duo Cello/Klavier den ersten Platz erreichte. „Das war damals kurz nach der Wende und für uns hat sich durch diesen Sieg eine ganz neue Welt geöffnet. Mit einer Agentur, CD-Aufnahmen und großen Konzerten. Das ist heute nicht mehr so einfach, weil es inzwischen mehr Wettbewerbe gibt und auch der ganze Social-Media-Kram immer wichtiger wird.“ Die Frage, ob sie ihren Studierenden zur Teilnahme an Wettbewerben rät, wird von der polnischen Pianistin daher lieber mit einem charmanten „Kommt darauf an“ beantwortet. „Als ich 2011 das erste Mal in der Jury saß, war ich kurz davor, meine Professur anzutreten, und hatte selber noch nicht unterrichtet. Dadurch hat sich meine Perspektive noch mal verändert. Natürlich bleibt der ARD-Wettbewerb eine wichtige Plattform, die man nutzen kann, wenn man der Typ dafür ist. Aber es ist nicht der einzige Weg.“ Eine Ermutigung an alle, denen das Glück diesmal nicht hold war.
Vor dem Semi-Finale schied da nicht nur der Gräfelfinger Lokalmatador Johannes Huber aus, dessen Vater Gerold Huber zur A-Liga der Liedbegleiter zählt. Auch für Robert Bily war es nach Runde zwei leider vorbei. Der deutsch-tschechische Pianist nimmt es mit professioneller Gelassenheit. „Ich glaube, dass mir der Ravel gut gelungen ist und auch das Hamelin-Stück in der ersten Runde. Ich fühle mich im modernen Repertoire sehr wohl. Aber heute hab ich es mir wahrscheinlich selbst verbaut.“ Die Zeit in München bleibt für ihn trotzdem eine wichtige Erfahrung. „Ich habe schon einige andere Wettbewerbe gespielt und auch gewonnen. Aber der ARD-Wettbewerb kann eine Karriere noch mal ganz anders pushen. Er ist einer der größten und schnellsten Wettbewerbe. Hier geht es fast ohne Pause von einer Runde zur nächsten.“
Mit einer stattlichen Liste von Preisen und internationalen Auftritten wird auch Robert Bily zweifellos seinen Weg gehen. Genau wie die anderen Nachwuchstalente. Und so lohnt sich zudem ein Besuch der Klavier-Masterclass, die morgen in der Musikhochschule abgehalten wird. Hier erhalten die Ausgeschiedenen die Möglichkeit, mit den Jury-Mitgliedern an ihren Interpretationen zu feilen. Viel Zeit zum Durchatmen bleibt Ewa Kupiec also nicht. „Ich habe lange in München gelebt und möchte den freien Tag nutzen, um zu meinen alten Lieblingsorten zu spazieren. Aber dann werde ich mich auch selber wieder ans Klavier setzen und üben, um nicht zu vergessen, wo ich herkomme.“ Und wer im Finale in ihre Fußstapfen treten wird, das erfahren wir am Sonntag.TOBIAS HELL