Auf dem Markt kursieren mehrere ungekürzte Lesungen von Stefan Zweigs „Schachnovelle“, aber diese ORF-Produktion von 1978 ist trotz ihrer Kürzungen die schönste. Warum? Weil Michael Heltau (Erzähler) und Gustl Weishappel (Dr. B.) unter der Regie von Klaus Gmeiner die enorme Musikalität von Zweigs Sprache zu Gehör bringen. In diesem Zusammenhang ist das etwa eineinhalbminütige Klaviervorspiel wichtig, dessen reine Klänge von Heltau beim Vorlesen der ersten Sätze wieder aufgegriffen werden, sodass die Musik nahezu nahtlos in die Erzählung übergeht. So glänzt der berühmte Text über das Schachspiel als Gegenmittel gegen die totale Isolationsfolter der Nazis, das aber den Helden beinahe in den Wahnsinn führt, weil er gegen sich selbst spielen muss, durch melodische Sprechweise, unerwartete Rhythmen und eine großartige Atemtechnik. Die Aufnahme zeigt, was es heißt, einen Text vor der Präsentation gründlich durchzuarbeiten.HILO
Stefan Zweig:
„Schachnovelle“ (ORF Edition Radio Literatur).
★★★★★ Hervorragend