UNSERE KURZKRITIKEN

Der lange Weg zu sich selbst

von Redaktion

Die Schauspielerin Jeanne Patou steigt 2015 nach einem Treffen mit ihrem Liebhaber kurzerhand nicht ins Flugzeug zurück zu Mann und Töchtern. Die Maschine stürzt über den französischen Alpen ab, und Jeanne gilt als tot. Auch wenn sich niemals DNA-Spuren finden lassen und Gatte Bernard deswegen lange noch an ihr Überleben glaubt. Jeannes neues Dasein gestaltet sich komplizierter als gedacht. Nicht nur, was den Alltag angeht. Da ist auch die Trauer um die verloren gegangenen Bindungen zu nahestehenden Menschen. Doch dann trifft sie Bernard vier Jahre später wieder. Auf einem Markt in Barcelona. An seinem Arm hält sich eine Frau fest, die wie eine Kopie der Jeanne von einst aussieht. Nina George hat mit „Die Passantin“ ein spannendes Buch über eine Frau geschrieben, die scheinbar alles hatte und sich doch erst davon lösen musste, um zu eigener Stärke zu finden. Ihr großartiger Roman ist ein kluges feministisches Gedankenspiel über den Unterschied zwischen Identität und Rolle.ULF

Nina George:

„Die Passantin“. Kein & Aber, 320 Seiten; 26 Euro.


★★★★★ Hervorragend

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