Eine Feier der Natur

von Redaktion

Das Olaf Gulbransson Museum zeigt Landschaftsmalerei

Memento mori: Carl Schuchs „Äpfel auf Weiß (Stillleben mit Wasserflasche und Sieben Äpfeln“ (1885/6).

Der Sammler Andreas Gerritzen. © Christian Scholle

Ergriffen: „Mainlandschaft“ (1890) von Hans Thoma. © Sammlung Gerritzen, Fotos: Helge Mundt

Als Andreas Gerritzen hört, was da im Olaf Gulbransson Museum Tegernsee los ist, ist ihm klar: „Das können wir so nicht lassen. Das ist ein Schlag gegen die Kultur.“ Also greift er zum Hörer und ruft Michael Beck an. Den Vorsitzenden der Olaf Gulbransson Gesellschaft. Dem in einem Bericht in der „Süddeutschen Zeitung“ vorgeworfen wurde, bei seiner ehrenamtlichen Arbeit für das Haus als Kurator Werke von Künstlerinnen und Künstlern zu zeigen, die er auch in seinem professionellen Job als Galerist vertritt. Wie berichtet, stellten sich diese Anschuldigungen als falsch heraus. Im Gespräch mit unserer Zeitung zeigte sich Beck mehr als verwundert über die Berichterstattung der „SZ“. Spielte gar mit dem Gedanken, die Arbeit in der Olaf Gulbransson Gesellschaft aufzugeben.

Doch er erhielt Rückenwind. Von allen Seiten ermunterte man ihn weiterzumachen. „Jetzt erst recht“, formuliert es denn auch am Samstagabend einer der Besucher der Vernissage zur neuen Ausstellung am Tegernsee. Ja, Michael Beck hat weitergemacht. Und kurzerhand diese sehenswerte Schau aus dem Hut gezaubert. Angestupst durch jenen Anruf von Andreas Gerritzen. Ein Sammler aus Bremen, seit Jahren mit Beck bekannt. „Wir haben immer mal wieder darüber gesprochen, dass man eine Ausstellung mit Werken aus meiner Sammlung zeigen könnte. Als ich dann von dem Zeitungsartikel mit den Anschuldigungen hörte, habe ich gleich den Hörer in die Hand genommen. Innerhalb von zehn Minuten hatten wir einen Plan. Und jetzt stehen wir hier“, sagt er und lächelt zufrieden.

Wer weiß, wie viel Vorlauf solch eine Ausstellung hochkarätiger Werke normalerweise hat, schaut sich umso beeindruckter um. Innerhalb weniger Tage haben sie das hier hochgezogen. „Das hier“ heißt: eine Sonderschau mit Gemälden, Aquarellen, Bronzeplastiken aus Gerritzens Besitz. Denn der sammelt seit 30 Jahren Kunst nach Sujet. Das ist die Natur. Wobei er den Begriff recht weit fasst. Auch Stillleben gehören dazu. „Die sind alles andere als still. In Frankreich nennt man sie ,nature morte‘. Da steckt das Wort Natur schon drin. Aber tot ist sie für mich nicht.“ Tatsächlich leuchten etwa die Paradiesfrüchte auf Carl Schuchs „Äpfel auf Weiß“ (1885/6) saftig rot. Doch gerade die bräunlichen Töne, die sich daruntermischen, machen die Lebendigkeit deutlich: Da entwickelt sich etwas, reift – und vergeht. Memento mori.

„Raus in die Natur!“ ist die Ausstellung überschrieben. Ganz so, wie es die Landschaftsmaler des 19. und frühen 20. Jahrhunderts taten: Immer drängte es sie hinaus, unter freien Himmel, bemühten sie sich, die Natur unmittelbar einzufangen. Von den Pleinairmalern aus dem französischen Barbizon über die der Künstlerkolonie in Worpswede bis in die Gegenwart reichen die Werke. Sie alle eint die Ergebenheit vor der Schönheit, dem Wunder der Natur. Voller Sehnsucht, umweht von Melancholie.

Gern hätte Gerritzen auch Arbeiten von Ulrike Arnold oder von Herbert Beck gezeigt. Doch Erstere ist eine Künstlerin, die Michael Beck in seiner Galerie vertritt, und Letzterer ist dessen Vater. „Deshalb haben wir uns dagegen entschieden.“ Stichwort: Interessenkonflikt. Diesen Vorwurf möchte sich der Vorsitzende der Olaf Gulbransson Gesellschaft nicht noch einmal machen lassen. Stattdessen beweisen Sammler und Kurator mit dieser Schau, die richtig Lust auf einen Spaziergang durchs bunte Herbstlaub macht, dass Becks Nähe zu Sammlerinnen und Sammlern gerade kein Interessenkonflikt, sondern ein großer Segen ist. Für das Haus und alle Besucher. Zurück zur Natur? Unbedingt.KATJA KRAFT

Bis 25. Januar 2026

Di. bis So. 10 bis 17 Uhr;
Kurgarten 5, Tegernsee.

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