PREMIERE

Liebe bis über den Tod hinaus

von Redaktion

Die Musical-Adaption „Ghost“ gastiert im Deutschen Theater

Das tränentreibende Kino-Original mit Demi Moore und Patrick Swayze. © Paramount Pictures

Die legendäre erotische Töpferszene: Robin Reitsma als Sam und Bianca Basler als Molly. © Nico Moser

Was haben „Ghost“ und „Madame Butterfly“ gemeinsam? Ganz klar: Ohne Taschentücher geht es nicht. Auch wenn die Bühnenadaption des Kultfilms der Neunzigerjahre gefährlich nah an der Kitschgrenze operiert, war das eingefleischte Musicalpublikum darauf bestens vorbereitet – und feierte die Premiere am Mittwochabend mit lautstarkem Applaus. 35 Jahre ist der Oscar-prämierte Hollywood-Streifen „Ghost – Nachricht von Sam“ inzwischen alt. Mit Patrick Swayze und Demi Moore als cineastischem Traumpaar – und einer unvergesslichen Whoopi Goldberg – erreichte er einst ein Millionenpublikum und rührte es zu Tränen.

Große Gefühle mit kleinen Schwächen

Die unsterbliche Lovestory, die über den Tod hinausreicht, berührt bis heute: seit 2011 als englische und seit 2017 als deutschsprachige Musicalfassung, die immerhin drei Tony-Nominierungen erhielt, unter anderem für ihre visuellen Effekte und das raffinierte Lichtdesign. Beides beeindruckt auch in der aktuellen Produktion und versetzt das Publikum mitten in die Stadt, die niemals schläft. Bühnentechnisch prallen hier zwei Welten kunstvoll aufeinander: das schummrige Milieu des Untergrunds und die hochpolierte, sterile Skyline Manhattans.

Das ideale Setting für die beiden Liebenden, die sich irgendwo zwischen Himmel und Hölle begegnen – in einer übersinnlichen Zwischenwelt, die nur für sie zu existieren scheint: Sam Wheat (Robin Reitsma), ein erfolgreicher Banker, und seine notorisch romantische Künstlerfreundin Molly Jensen (Bianca Basler). Nach einem tödlichen Raubüberfall bleibt Sam als Geist zurück – unfähig, die Erde zu verlassen, solange Molly in Gefahr ist. Hilfe erhält er von der zunächst zweifelhaften, letztlich aber herzensguten Wahrsagerin Oda Mae Brown (UZOH), die sich als Medium zwischen den beiden entpuppt und die Gefühlsduselei zuweilen mit herrlich komödiantischen Momenten aufmischt.

Die skurrile, transzendentale Handlung auf eine Musicalbühne zu bringen, ist kein leichtes Unterfangen. Doch Regisseur Manuel Schmitt gelingt mit seiner Neuinszenierung und dem stimmungsvollen Soundtrack von Dave Stewart und Glen Ballard eine emotional überzeugende Umsetzung. Herzstück des Abends sind zweifellos die Hauptdarsteller, die die zeitlose Liebesgeschichte stimmlich wie darstellerisch intensiv zum Leben erwecken. Auch der zwielichtige wie zugleich schnittige Carl Bruner (Lucas Baier) überzeugt – mit ihm würde man sich durchaus auf einen Cappuccino im Brooklyn-Deli verabreden und über Finanzen plaudern.

Ein echtes Highlight ist UZOH alias Oda Mae Brown: Sie sorgt für die Glanzmomente des Abends und bringt mit dem von ihr mitreißend geschmetterten Song „Nur weg von hier“ im glitzernden Schwarzen das Publikum zum Toben – Korkenknall, durch den Zuschauerraum gewirbelte Luftschlangen und Begeisterungsstürme inklusive. Lediglich das stark in den Hintergrund rückende Ensemble bleibt stellenweise blass und mindert das hohe Gesamtniveau der spielfreudigen Truppe. Auch die ikonische Töpferszene zu „Unchained Melody“ – einst Sinnbild knisternder Romantik – gerät in der Bühnenfassung zur eher einfallslosen Reminiszenz an den Film und wirkt emotional distanziert.

Trotz verzeihlicher Schwächen ist „Ghost“ ein rasantes und gefühlsgeladenes Musical-Spektakel, das Fans des Genres nicht verpassen sollten. Wer dieses jedoch noch in München erleben will, sollte sich beeilen: Die Produktion gastiert nur noch wenige Tage im Deutschen Theater, bevor sie ihre Tour durch Deutschland fortsetzt. ANNA BEKE

Weitere Vorstellungen

am 10., 11., 12. Oktober; Telefon: 089/55 23 44 44.

Artikel 7 von 11