Blick ins Skizzenbuch

von Redaktion

Das Kunstfoyer München zeigt „Helmut Newton. Polaroids“

Im Fokus: Helmut Newton (1920-2004). © dpa

In den Neunzigern wurde die Modefotografie rauer und ging weg von luxuriösen Settings: Helmut Newtons Arbeit für Valentino aus dem Jahr 1998. © Helmut Newton Foundation

„Helmut Newtons Klageweiber“ nennt Kurator Matthias Harder dieses Bild des Fotografen, das 2003 in Monte-Carlo aufgenommen wurde. Das Bild entstand für die italienische „Vogue“. Das Magazin kam am 23. Januar 2004 in den Handel – der Tag, an dem Newton in Los Angeles starb. © Helmut Newton Foundation.jpg

Der Mann ist begeistert. „Jedes Polaroid ist ein Unikat. Eine Preziose“, schwärmt Matthias Harder. Diese Feststellung ist richtig – und fernab jeder Übertreibung. Der Direktor der Helmut-Newton-Foundation hat im Kunstfoyer München die Polaroids versammelt, die der große Fotograf aufgenommen hat, der 1920 als Helmut Neustädter in Berlin geboren wurde und 2004 in Los Angeles starb. Sie erlauben ein Blick ins Skizzenbuch des Künstlers und machen eindrucksvoll klar, wie er gearbeitet hat. Eine Schau, die aufgrund des kleinen Formats der Bilder ein intensives Betrachten erfordert („Hineinkriechen“ nennt Harder das): Wer sich darauf einlässt, wird mannigfach belohnt.

Das „Sofortbild“, also jenes Foto, das unmittelbar nach der Aufnahme in der Kamera entwickelt wird, hatte es Newton seit den Sechzigerjahren angetan. Er nutzte diese Errungenschaft als vorbereitende Studien für seine Mode-, Akt- und Porträtfotografie. Wer das ikonische Werk des Künstlers kennt, kann in dieser elegant gehängten Schau mit rund 150 Werken nun einen Schritt zurückgehen und beobachten, wie Newton – ausgehend stets von seinen Notizen – Motive kreierte. Das Polaroid gestattete es ihm, am Set die Figurenkonstellation, die Lichtführung, die Gesamtkonzeption zu prüfen und zu korrigieren. Anmerkungen und Knickspuren zeigen, wie intensiv er sich mit dem Material beschäftigt hat.

Newton hat sich selbst etwas flapsig gerne als „Auftragskiller“ bezeichnet, stets unter dem Druck, seine Bilder in den Markt zu bringen. Auf den Polaroids lässt sich nun sehr anschaulich erkennen, dass er in seine Arbeiten für Modehäuser, Luxusmarken und Magazine stets mindestens eine weitere Ebene eingebaut hat. „Er ging immer noch einen Schritt weiter“, sagt Matthias Harder. In den besten Momenten sind seine Bilder dann auch ein Nachdenken über das Medium Fotografie: Etwa wenn seine Models auf den Aufnahmen auf Abzüge blicken, die sie selbst zeigen. Es ist ein großes Verdienst der Schau, diese und andere Spiegelungen herauszuarbeiten.

Und sie bietet zum Abschluss einen Werbe-Spot von Newton – für einen Hersteller von Reißverschlüssen. Klingt fad? Blödsinn! Zipper wurden noch nie derart hinreißend und ironisch in Szene gesetzt. Ein großer Spaß! MICHAEL SCHLEICHER

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